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"Ich will gewinnen" MBC-Profi Sergio Kerusch spricht über den Kampf gegen den Krebs

28.08.2017, 20:27
„Ich will in dieser Saison noch auf All-Star-Niveau Bundesliga-Basketball spielen“, sagt Sergio Kerusch nach seinem Fototermin mit der MZ.
„Ich will in dieser Saison noch auf All-Star-Niveau Bundesliga-Basketball spielen“, sagt Sergio Kerusch nach seinem Fototermin mit der MZ. Peter Lisker

Weissenfels - Sergio Kerusch lächelt, als er für das Foto posiert. Wer es nicht wüsste, würde nicht ahnen, dass dieser Mann gerade die schwerste Zeit seines Lebens durchmacht: Der Bundesliga-Profi des Mitteldeutschen Basketball Clubs (MBC) kämpft gegen den Krebs. Die Diagnose ist gerade ein paar Tage alt, in zwei Wochen soll die Chemotherapie beginnen. Der Deutsch-Amerikaner strahlt große Zuversicht aus. Daniel George hat bei dem 28-Jährigen nachgefragt.

Herr Kerusch, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen?
Kerusch: Danke, so gut, wie es jemandem in meiner Situation gehen kann. Es ist schon verrückt: An einem Tag habe ich auf dem Parkett noch 18 Punkte und acht Rebounds aufgelegt, nur einen Tag später wurde der Tumor entdeckt. Dann kam die OP und schließlich die Diagnose. Das ist alles sehr schnell gegangen. Aber ich versuche, für meine Familie, Fans und Mitspieler positiv zu bleiben.

Sie strahlen unglaubliche Zuversicht aus. Woher nehmen Sie diese Energie?
Kerusch: Gott gibt mir Kraft. Alles passiert aus einem bestimmten Grund. Ich glaube fest daran, dass ich in dieser Saison noch All-Star werde. Außerdem: Wenn ich nicht lächeln würde, wer würde es dann für mich tun? Der Sinn unseres Lebens ist es doch, die beste Version von uns zu sein, die wir sein können, dabei zu helfen, so viele Leben wie möglich zu verändern. Vielleicht inspiriert mein Lächeln in dieser dunklen Situation jemanden, der ähnliches oder noch viel schlimmeres durchstehen muss.

Ihre Eltern aus den USA sind seit Montag zu Besuch in Weißenfels. Wie schwer war es in den vergangenen Tagen, soweit von Ihnen getrennt zu sein?
Kerusch: Der MBC ist auch ein Teil meiner Familie. Hier fühle ich mich sehr wohl und gut aufgehoben. Deswegen habe ich mich nach der vergangenen Saison auch dazu entschlossen, zurückzukommen. Meine Eltern sind jetzt hier, um mich zu unterstützen und zu sehen, welche unglaubliche Liebe ich von den Menschen erfahre. Das hilft mir natürlich sehr.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, während der anstehenden Chemotherapie in Weißenfels zu bleiben?
Kerusch: Wie würde es denn für meine Mitspieler aussehen, wenn derjenige, der immer lacht und allen erzählt, dass wir eine Familie sind, plötzlich die Familie verlässt. Wir sind ein Team. Wir sind ein Wolfsrudel! Einer für alle, alle für einen. Ich werde meine Brüder in dieser harten Zeit unterstützen. Das motiviert sie hoffentlich. Durch ihre Unterstützung motivieren sie mich jedenfalls sehr, gegen den Krebs zu kämpfen.

Wie sieht der Plan für die nächsten Monate aus?
Kerusch: Den werden wir in den kommenden zwei Wochen erhalten. Es wird zwei Chemotherapie-Durchläufe geben und hoffentlich nicht so lange dauern, bis ich wieder auf dem Parkett stehen kann.

Wollen Sie sich ein bestimmtes Datum als Ziel setzen, wann Sie wieder spielen wollen?
Kerusch: Auf jeden Fall. Das wird mir eine Richtlinie geben. Wenn ich weiß, wie lange ich die Behandlung erhalte, liegt der Rest an mir.

Wie sehen Sie jetzt Ihre Rolle im Team? Wollen Sie so viel Zeit wie möglich mit Ihren Mitspielern verbringen oder brauchen Sie Abstand?
Kerusch: Ich sehe mich immer noch in derselben Rolle wie vor der Erkrankung: Ich will in dieser Saison auf All-Star-Niveau Bundesliga-Basketball spielen. Ich werde genau so viel Blut, Schweiß und Tränen vergießen wie meine Mitspieler, wenn nicht sogar mehr. Sie haben doch bestimmt schon einmal einen Superhelden-Film gesehen, oder?

Zahlreiche, warum?
Kerusch: Wenn der Superheld am Boden ist, seinen vermeintlich letzten Atemzug nimmt, findet er die Energie, um etwas zu tun, das der menschlichen Logik widerspricht. Ich weiß, dass aus dieser dunklen Situation auch bei mir etwas Großes entstehen wird. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Sie haben unzählige Nachrichten von alten Freunden, Weggefährten und sogar Fremden erhalten, die sie alle unterstützen wollen in dieser schweren Zeit. Was bedeutet Ihnen diese Anteilnahme?
Kerusch: Unheimlich viel. Die ganze MBC-Familie gibt mir so viel Liebe. Alte Freunde wie Rickey Paulding aus Oldenburg oder Bryce Taylor aus Bamberg haben mir auch geschrieben - und viele, viele mehr.

Welche dieser unzähligen Nachrichten hat Ihnen am meisten bedeutet?
Kerusch: Ein Junge, den ich kennengelernt habe, als ich am College war, hat mir geschrieben. Bei ihm wurde damals im Alter von sieben Jahren Krebs diagnostiziert. Er hatte einen Traum: Er wollte unbedingt einen Tag mit mir verbringen. Meine Universität Western Kentucky hat das ermöglicht. Ich habe ihn damals als ganz besonderen Jungen kennengelernt. Inzwischen ist er in der achten Klasse, spielt Basketball und denkt oft an mich, das hat mir seine Mutter erzählt. Er muss sich immer noch der Chemotherapie unterziehen und hat sich jetzt trotzdem die Zeit genommen, mir zu schreiben, wie viel ich ihm bedeute und dass ich stark bleiben soll. Das hat mich sehr berührt.

Mit welcher Einstellung gehen Sie in den Kampf gegen den Krebs?
Kerusch: Mit der gleichen wie vor jedem Spiel. Der Krebs ändert gar nichts. Ich will gewinnen. Ich werde den Krebs nicht mein Leben dominieren lassen, sondern ihm gewaltig in den Hintern treten! (mz)