Dopingspur führt nach Erfurt Mark S. aus Erfurt: Mutmaßlicher Doping-Arzt beim Haftrichter

Seefeld/Erfurt/Halle (Saale) - Nach dem Schlag gegen Doping bei der Nordischen Ski-WM muss der Spitzensport weitere Enthüllungen fürchten – und die Spur führt dabei nach Thüringen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Donnerstag berichtet, wurden in der Praxis des am Vortag festgenommenen Sportmediziners Dr. Mark S. in Erfurt auch Fußballer, Schwimmer, Radsportler, Handballer und Leichtathleten behandelt.
„Es werden sicherlich auch noch andere Sportarten betroffen sein“, hatte am Mittwoch Dieter Csefan vom österreichischen Bundeskriminalamt gesagt und von einem seit Jahren weltweit agierenden Netzwerk und einer „kriminellen Organisation“ gesprochen.
Sportmediziner Mark S. aus Erfurt: Festnahme und Hausdurchsuchung
Laut „Bild“ war Mark S. am Mittwoch im Erfurter Stadtteil Rieth mit fixierten Händen abgeführt worden. Im Haus des Arztes sei Beweismaterial sichergestellt worden. „Er hat mit seinen Komplizen seit Jahren illegale Anwendungen zur Leistungssteigerung durchgeführt“, sagte der Staatsanwalt. Zwei der in Seefeld festgenommenen Männern sollen Abgesandte von Mark S. sein.
Am Donnerstag war der Mediziner in Erfurt einem Ermittlungsrichter vorgeführt worden. Der erließ Haftbefehl gegen den Mann. Es bestehe Verdunklungs- und Fluchtgefahr, wie der MDR via Twitter meldete. Der Arzt werde nach einem Termin beim Ermittlungsrichter in die Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim gebracht, sagte ein Sprecher des Erfurter Amtsgerichtes.
Mediziner Mark S. und drei Komplizen bleiben in Haft
Die Verteidigung habe entschieden, „keine Stellungnahme zum jetzigen Zeitpunkt abzugeben“, teilte der Erfurter Rechtsanwalt Matthias Fertig mit. Auch die drei Komplizen des 40 Jahre alten Erfurter Arztes sollen in einem Münchner Gefängnis bleiben, bis keine Haftgründe mehr bestehen. Es wird weiter ermittelt, ob es zu Verfahren gegen die vier Männer kommt.
Die Praxis, die der Mediziner gemeinsam mit seiner Mutter bertreibt, ist eine lizenzierte sportmedizinische Untersuchungsstelle des Landessportbundes Thüringen. Laut „Bild“ sollen dort bis zu 60 Profi-Sportler betreut werden.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann schloss allerdings aus, dass auch deutsche Kader-Athleten in der Praxis behandelt wurden. „Nach all dem, was mir bis zum jetzigen Zeitpunkt vorliegt, gibt es nicht einen deutschen Athleten, der von dieser Praxis betreut oder in irgendeiner Form untersucht wurde. Ich spreche jetzt von Kader-Athleten“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes im ZDF.
Landesportbund Thüringen räumt Fehler ein
Am Donnerstag reagierte der Landessportbund Thüringen und entzog der Arzt-Praxis mit sofortiger Wirkung die Lizenz als „Sportmedizinische Untersuchungsstelle“ in Thüringen.
Dabei räumte der Verband eigene Versäumnisse ein. Denn bei der Fortschreibung der ursprünglich bis 2018 laufenden Lizenz um weitere vier Jahre entging dem LSB, dass in der Zwischenzeit der nun festgenommene Arzt in die Praxis eintrat.
„Diesen Umstand haben wir leider bei der Fortsetzung der Lizenz für die betroffene Arztpraxis nicht berücksichtigt. Wir haben an dieser Stelle nicht tiefgründig genug die bestehenden Dopingbelastungen im Prozess um die Anerkennung der Lizenzfortschreibung als sportmedizinische Untersuchungsstelle bewertet. Dies war falsch und wir müssen und wollen jetzt die Konsequenzen schnellstmöglich tragen und limitieren“, sagte LSB-Präsident Stefan Hügel.
Hörmann sprach von einem „Schatten auf dem gesamten Sport“. „Wir sehen es daher als großen Erfolg der Ermittlungsbehörden, dass ein kriminelles Netzwerk mit offenbar großer Reichweite zerschlagen werden konnte“, teilte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes mit.
Dopingverdacht: Mark S. drohen Konsequenzen
Bei der Doping-Razzia in Seefeld waren sieben Personen, darunter fünf Athleten aus Österreich, Kasachstan und Estland, festgenommen worden. Zudem wurden in Erfurt der 40 Jahre alte deutsche Sportmediziner S., dem in seiner früheren Rolle als Radsport-Teamarzt Verwicklungen in Dopingpraktiken vorgeworfen worden waren, und ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Der Mediziner hatte die Vorwürfe in der Vergangenheit bestritten.
Mark S. droht neben strafrechtlichen Konsequenzen auch ein berufsrechtliches Verfahren durch die Landesärztekammer Thüringen. „Sollten sich die Vorwürfe gegen den Arzt bestätigen, wird die Kammer mit aller Härte vorgehen“, sagte eine Kammersprecherin der Deutschen Presse-Agentur.
Das könne für den Arzt den Verlust der ärztlichen Zulassung (Approbation) bedeuten. „Wir sind sehr betroffen über das, was bekannt geworden ist.“ Offizielle Anfragen der Ermittlungsbehörden waren bei der Kammer am Donnerstag noch nicht eingegangen.
Mark S. mit Doping-Vergangenheit im Radsport?
Der Mediziner S. hat früher unter anderen für den Radsport-Rennstall Gerolsteiner gearbeitet, später auch für das Team Milram. 2009, so berichtet die Süddeutsche Zeitung, war er bereits vom überführten Dopingsünder Bernhard Kohl schwer belastet worden. Vor Gericht wurde S. nicht verurteilt.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) befürchtet durch die Ereignisse eine Rufschädigung für das Wintersportland Thüringen. „Das ist ein grandioser Imageschaden für Thüringen und auch für den Thüringer Sport“, sagte Maier am Rand der Landtagssitzung in Erfurt auf Anfrage. „Dabei sind Thüringer Sportler ja gar nicht betroffen.“
Der Deutsche Skiverband hat nach ausführlichen Eigenrecherchen erneut jeglichen Kontakt zum Erfurter Mediziner bestritten. „Es gibt keinerlei Verbindungen, weder zwischen dem Thüringer Skiverband, noch mit dem Olympiastützpunkt Thüringen und gleich gar nicht mit dem Deutschen Skiverband“, sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach. (mz/red/dpa/sid)