Schlag gegen organisiertes Doping Doping-Razzia: Sportmediziner Mark S. in Erfurt festgenommen

Seefeld/Erfurt - Das österreichische Bundeskriminalamt hat bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld sieben Personen, darunter fünf Sportler festgenommen. Eine Spur führt aber auch nach Erfurt.
„Bei den festgenommenen Athleten handelt es sich um zwei österreichische, einen kasachischen und zwei estnische Spitzensportler“, teilte das BKA in einer Mitteilung am Mittwoch mit.
Es handle sich der Mitteilung zufolge um ein „weltweit agierendes Dopingnetzwerk“, das man zerschlagen habe. Zudem wurde in Erfurt der 40 Jahre alte deutsche Sportmediziner Dr. Mark S. sowie ein weiterer mutmaßlicher Komplize aus Deutschland festgenommen. Insgesamt wurden in Deuschland neun Hausdurchsuchungen vorgenommen.
DSV nicht von Doping-Ermittlungen betroffen
Der Deutsche Skiverband (DSV) ist eigenen Angaben zufolge nicht von der derzeit laufenden Anti-Doping-Aktion betroffen. „Ich kann bestätigen, dass bei uns die Lage ruhig ist. Es fanden keine Untersuchungen statt, weder im Teamhotel noch in Deutschland bei Institutionen, die den DSV vertreten“, sagte DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach dem SID: „Nach unseren Erkenntnissen ist auch keiner aus unserem medizinischen Bereich in die Untersuchungen involviert. Wir haben nichts, was uns Anlass gegeben hätte zu denken, dass der DSV involviert ist.“
Razzia in Erfurt: Kriminelle Organisation um einen Sportmediziner
Zuvor hatten die ARD-Dopingredaktion sowie die „Süddeutsche Zeitung“ von Razzien im WM-Ort in Tirol über die insgesamt neun Festnahmen berichtet. Außerdem wurden 16 Hausdurchsuchungen vollzogen.
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„Im Rahmen von seit mehreren Monaten andauernden internationalen Ermittlungen wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken“ sei eine in Deutschland ansässige kriminelle Organisation um einen Sportmediziner ausgeforscht werden, schrieb das BKA in der Mitteilung.
„Operation Aderlass“: Schlag gegen organisiertes Doping im Leistungssport
„Diese aus Erfurt agierende kriminelle Gruppierung ist dringend verdächtig, seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchzuführen, um deren Leistung bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu steigern“ und illegale Einkünfte zu generieren, hieß es weiter.
Unter dem Titel „Operation Aderlass“ verbreitete das Bundeskriminalamt die Mitteilung. Um 15 Uhr sollen Vertreter des Bundeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft Innsbruck bei einer Pressekonferenz in Innsbruck über die ersten Ermittlungsergebnisse zu präsentieren.
Das BKA bezeichnete das Vorgehen als „koordiniertes Einschreiten unter Beisein des deutschen Oberstaatsanwaltes“. Insgesamt wurden im Zusammenhang mit den Ermittlungen neun Personen festgenommen.
Bei der WM in Seefeld zeigten sich viele Funktionäre fassungslos. „Wir stehen unter Schock. Hoffentlich werden jetzt einmal die Drahtzieher erwischt“, sagte Österreichs Langlaufchef Markus Gandler dem ORF: „Wir arbeiten Tag und Nacht, um schnelle Ski zu haben und alles. Und dann passiert sowas.“ ÖSV-Langlaufkoordinator Trond Nystad, Ehemann der deutschen Olympiasiegerin Claudia Nystad, erklärte im ORF: „Ich habe keine Worte dafür, das ist einfach traurig.“
Ermittlungen nach Aussagen des Skilangläufers Johannes Dürr
Die Aussagen des Skilangläufers Johannes Dürr waren laut Staatsanwaltschaft München Auslöser für die Doping-Ermittlungen und die Razzien. Der Österreicher hatte jüngst in einer ARD-Dokumentation umfassend über Dopingpraktiken im Leistungssport ausgepackt.
„Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin zunächst ein Ermittlungsverfahrens gegen unbekannt wegen der Anwendung von Dopingmethoden am Zeugen Johannes Dürr eingeleitet, dieses ist nun in ein Ermittlungsverfahren gegen konkrete Beschuldigte übergegangen“, teilte Oberstaatsanwältin Anne Leiding in einer schriftlichen Mitteilung am Mittwoch mit. Um 15 Uhr war in Innsbruck eine gemeinsame Pressekonferenz zu der Aktion mit dem Namen „Operation Aderlass“ geplant.
(dpa/sid/mz)