Ironman Ironman: Frodeno verteidigt auf Hawaii seinen Titel im Triathlon

Hawaii - Kann das Paradies zugleich auch die Hölle sein? Jan Frodeno ist jedenfalls der Meinung. 8:06:30 Stunden dauerte am Samstag (Ortszeit) in der Postkartenidylle von Hawaii sein Kampf mit den Wellen im Pazifik, gegen den Wind auf dem Rad, der unmenschlichen Hitze beim Laufen - und gegen sich selbst.
Als der Triathlet taumelnd seine 225 Kilometer lange Tortur mit seinem zweiten Sieg beim legendären Langstrecken-Rennen beendete, hielten die sechsmaligen Sieger Dave Scott und Mark Allen das Band auf dem Alii Drive in Kailua Kona.
Die Stars von gestern zollten dem Dominator der Gegenwart ihren Respekt. „Heute hat mir mein Körper nichts geschenkt“, schnaufte der 35-jährige Frodeno. So habe er bei einem Rennen noch nie gelitten, „Es war die Hölle!“
Im vergangenen Jahr schrieb der Kölner bereits Geschichte, als er sich zwei Jahre nach seinem Wechsel von den kurzen auf die längeren Distanzen als erster Olympiasieger in Kona auch den WM-Titel bei den „Eisenmännern“ sicherte.
Zudem gewann er 2015 den EM-Titel in Frankfurt und die WM über die halb so lange 70.3-Strecke - auch das war vor ihm noch niemandem in einem Jahr gelungen. 2015 knackte er in Roth in 7:35:39 Stunden den Langstrecken-Weltrekord.
Nun schaffte er erneut Historisches: Als erster Deutscher verteidigte er auf Hawaii seinen WM-Titel. Zugleich ist er der zweite Deutsche nach Normann Stadler (2004/2006), der sich nach 3,86 Kilometer
Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen zweimal den Siegerkranz in Kona aufsetzen lassen durfte.
Sportlich hat er Großes geschafft, nun will Frodeno sein großes privates Glück genießen. Dafür nimmt er schlaflose Nächte gern in Kauf. „Ab sofort muss wohl ich wieder aufstehen“, sagte der Vater des acht Monate alten Lucca.
Wieder Zeit für die Familie finden
Ehefrau Emma habe zugunsten seines Erfolgs zuletzt „unheimlich zurückgesteckt“. Die Unterstützung der Familie ließ den härtesten „Eisenmann“ völlig weich werden: „Ohne sie hätte ich es nicht geschafft.“
Frodeno hatte Tränen in den Augen, als er von seinen Liebsten schwärmte, die Stimme stockte. „Ich freue mich jetzt darauf“, sagte er mit Blick auf die bevorstehende Zeit. Dass er diese nun wieder intensiver mit den wichtigsten Menschen seines Lebens verbringen darf, ist der verdiente Lohn für die Entbehrungen der letzten Wochen.
Nicht nur Frodeno hat qualvolle Sternstunden auf Hawaii erlebt. Sein Freund Sebastian Kienle kam dreieinhalb Minuten nach ihm als Zweiter ins Ziel. Dritter wurde Hawaii-Debütant Patrick Lange.
Damit war das zweite deutsche Podium beim legendärsten Triathlon-Rennen seit 1997 perfekt. Vor 19 Jahren hatte Thomas Hellriegel vor Jürgen Zäck und Lothar Leder gewonnen. Wie stark die Deutschen in diesem Jahr auf Hawaii waren, zeigten auch der fünfte Platz von Andreas Böcherer und Rang sieben von Boris Stein.
„Unfassbarer Cocktail aus Gefühlen“
Lange galt als die Überraschung schlechthin. Er rauschte so locker wie nach einem Morgenlauf in das Ziel. Übermütig tanzte der von Faris Al-Sultan trainierte Newcomer im Ziel.
„Das ist ein unfassbarer Cocktail aus Gefühlen“, sagte er in die TV-Kameras. „Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Ich habe am ganzen Körper Gänsehaut. Das ist wie 1.000 Geburtstage, Weihnachten und Ostern zusammen in zehn Sekunden.“
Der Physiotherapeut hatte im Mai in Texas seinen ersten Ironman absolviert - und gewonnen. Hawaii war sein zweiter Langstrecken-Start. Beim Marathon verbesserte er den 27 Jahre alten Streckenrekord von Allen um 19 Sekunden - auf 2:39:45 Stunden. „Streckenrekord - das war schon nicht schlecht“, meinte Frodeno.
„Es liegen einige spannende Jahre für Triathlon-Deutschland vor uns“, prognostizierte er angesichts der starken Germans auf Big Island. „Die Spitze ist zusammengerückt.“ Nicht nur sein Körper wird ihm in den nächsten Jahren nichts schenken.
(sid/dpa/mz)