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Halles OB im Interview zu Schädlich Halles OB im Interview zu HFC-Präsident Michael Schädlich: Bernd Wiegand: "Es gab kein Ultimatum"

Von Christoph Karpe 19.12.2018, 09:02
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand.
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand. imago stock&people

Halle (Saale) - Gewisse Fans des Halleschen FC setzen seinen Kopf in ein Fadenkreuz. Im Stadion hängt ein Banner „Wiegand raus!“. Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ist gerade im Umkreis des rot-weißen Klubs nicht gut gelitten - teilweise.

Der Grund: Er hat Präsident Michael Schädlich indirekt zum Rücktritt gezwungen, weil er unmissverständlich sagte: „Mit einem Präsidenten, der als Stasi-Mitarbeiter tätig war, werde ich nicht zusammenarbeiten.“ In dieser brisanten Situation, die die Fußball-Fans der Stadt spaltet, sprach Christoph Karpe mit dem Oberbürgermeister.

Herr Wiegand, wussten Sie nicht schon vor dem MDR-Beitrag am 5. Dezember von der Stasi-Vergangenheit von Michael Schädlich?
Bernd Wiegand: Ja, aber nicht die näheren Umstände: Was und über wen er an der Martin-Luther-Universität berichtet hat, über Professoren und Studenten – das sind neue Erkenntnisse.

Und die Erkenntnisse der Sendung ließen dann nichts anderes zu, als ein Stopp zu setzen, in dem Sie erklärten: „Die öffentliche Hand kann nicht mit einem Verein zusammenarbeiten bzw. ihn finanziell fördern, wenn an dessen Spitze eine Person steht, die als Inoffizieller Mitarbeiter für die Staatssicherheit tätig war.“?
Wiegand: Ich habe viele Gespräche geführt: Mit dem bespitzelten Professor Wolfgang Lassmann, der in der Sendung zu Wort kam. Aber auch mit Landrat Frank Bannert und Saalesparkassen-Vorstand Jürgen Fox. Im Ergebnis war keine andere Aussage möglich.

Die Art und Weise über ein Ultimatum irritiert trotzdem.
Wiegand: Ultimatum? Das ist Ihre Interpretation. Für mich war vor dem Hintergrund dieser neuen Erkenntnisse keine weitere Zusammenarbeit mit einem Präsidenten, der Stasi-Mitarbeiter war, mehr möglich. Das heißt: Wäre der MDR-Bericht nicht gewesen, hätte ich weiter mit ihm zusammenarbeiten können. Sie wissen ja, dass Herr Schädlich auch den Wirtschaftsbeirat des Oberbürgermeisters geleitet hat. Auch von dieser Funktion ist er inzwischen zurückgetreten.

Kam der Tipp an den MDR, sich doch mal Schädlichs Stasi-Vergangenheit anzuschauen, aus dem Rathaus?
Wiegand: Nein. Außerdem hat der MDR nach eigenen Angaben 18 Monate für diesen Bericht recherchiert.

Aber Sie mischen sich doch offenbar durch das Ultimatum in die Angelegenheiten des Vereins ein. Sollten nicht die Mitglieder entscheiden, wer Präsident ist?
Wiegand: Noch einmal: Es gab kein Ultimatum. Ich mische mich nicht in die Angelegenheiten von Vereinen ein, ich habe zu seiner Stasi-Mitarbeit eine klare Meinung, und die habe ich geäußert. Die städtischen Unternehmen entscheiden in den Aufsichtsräten mit Mehrheitsbeschluss, wie sie ihre Gelder einsetzen. Ich habe in diesen Gremien eine Stimme. Das ist also keine Wiegand-Entscheidung.

Und: Nachdem beim HFC Anfang des Jahres 1,4 Millionen Euro fehlten und der Klub vor der Insolvenz stand, hat der HFC die Stadt um Unterstützung gebeten. Wir haben eine Allianz geschmiedet, um den HFC zu retten. Übrigens: Schon damals hatte Michael Schädlich angekündigt, sich zurückzuziehen, wenn sich der Verein finanziell wieder in sicherem Fahrwasser befindet. Der Verein ist jetzt konsolidiert.

Gibt es vielleicht Anhaltspunkte, dass Schädlich den Verein doch nicht so gut geführt hat? Etwa Hinweise auf Untreue?
Wiegand: Das wurde nicht geprüft. Wir haben mit dem neuen Vorstand in die Bücher geschaut und ein Sanierungskonzept erstellt, um positiv in Richtung Zukunft zu schauen. Die aktuelle Führung um Jens Rauschenbach, Jürgen Fox und Lucas Flöther setzt dieses Konzept um. Aktuell läuft es bestens.

Welche Verdienste hat Michael Schädlich für den Klub?
Wiegand: Er hat den Klub 2002 in einer schwierigen Phase übernommen, konsolidiert und in die dritte Liga geführt. Kein anderer wäre zum damaligen Zeitpunkt dazu in der Lage gewesen. Außerdem hat er den Stadion-Bau von Vereinsseite aus koordiniert. Natürlich hat er große Verdienste um den Verein. Bis der Klub Anfang 2018 unmittelbar vor der Insolvenz stand.

Haben Sie Sponsoren in der Hinterhand, die nun einsteigen, wenn Schädlich raus ist?
Wiegand: Mit seiner Entscheidung können Vorstand, Verwaltungsrat und Sponsoren ihre Zusammenarbeit auf eine neue, vertrauensvolle Grundlage stellen. Ich weiß, dass Geldgeber gespannt auf die sportliche Situation zum Ende des Jahres schauen und gegebenenfalls bereit wären, die Mannschaft weiter zu unterstützen.

Sind Sie HFC-Mitglied?
Wiegand: Nein, aber ich bin seit zehn Jahren ein großer Fan, inklusive Jahreskarte. Ich war auch beim Sieg in Braunschweig im Stadion dabei. Es macht riesigen Spaß, der Mannschaft zuzusehen. Sie spielt inzwischen einen technisch hochwertigen Fußball. Man sieht die Handschrift von Trainer und Sportdirektor. Das junge Team lernt und identifiziert sich mit der Stadt. Das abgezockt sein, wie es KSC-Stürmer Anton Fink vorgemacht hat, muss hinzukommen. Dann ist der Aufstieg in die zweite Liga denkbar.

Am Rande des KSC-Spiels gab es ein „Wiegand-raus!“-Banner und Sprechchöre gegen Sie. Kommen Sie in dieser Saison noch einmal in den Erdgas Sportpark?
Wiegand: Na klar.

Und wie empfinden Sie die massiven Anfeindungen, ja Bedrohungen gegen Sie?
Wiegand: Ich finde das natürlich nicht gut. In der öffentlichen Diskussion um die Stasi-Tätigkeit von Michael Schädlich werden offenbar Täter und Opfer verwechselt.

Fürchten Sie, dass Sie das Vorgehen gegen Michael Schädlich Stimmen bei der Oberbürgermeister-Wahl im nächsten Jahr kosten könnte?
Wiegand: Ich treffe meine Entscheidungen zum Wohl der Stadt, nicht danach, ob sie mir Stimmen bringen. (mz)

(mz)

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand.
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand.
imago stock&people