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Der Lohn der Moral Der Lohn der Moral: HFC erzwingt Sieg mit Kampfgeist und Glück

Von Christoph Karpe 11.09.2017, 09:16
Martin Röser jubelt nach seinem Treffer zum 1:0 gegen Wiesbaden.
Martin Röser jubelt nach seinem Treffer zum 1:0 gegen Wiesbaden. Eckehard Schulz

Halle - Natürlich wollte es sich der Präsident nicht nehmen lassen, den Siegern persönlich zu gratulieren. Ein schöneres Willkommensgeschenk nach dem Sri-Lanka-Urlaub hätte sich Michael Schädlich auch nicht vorstellen können. Also marschierte er etwa 20 Minuten nach dem Abpfiff des 2:1 (1:1)-Sieges seines Halleschen FC gegen Wehen Wiesbaden zu den Helden des Samstagnachmittags in die Kabine.

„In Österreich gibt es nach Unwettern manchmal gewaltige Steinschläge. Etwa genauso ein Erdrutsch war es bei mir - so viele Steine sind mir heute von der Seele gepoltert“, sagte er lächelnd und verschwand zur hinter der verschlossenen Tür feiernden rot-weißen Gemeinschaft.

Erster Saisonsieg des HFC gegen Wiesbaden: „Das Glück verdient“

Dieses süße Gefühl von Erleichterung teilten sie alle. 223 Tage lag es schließlich zurück, dass die Fans im Erdgas Sportpark zuletzt einen Drittliga-Sieg gefeiert hatten. Dieser erste Saison-Erfolg am siebten Spieltag kam als erster Sonnenstrahl nach monatelanger sportlicher Tristesse daher. Entsprechend gelöst sprudelte das Glück aus den Siegern heraus. „Natürlich haben wir gerade nicht das größte Selbstvertrauen, das hat man gesehen, aber wir haben gekämpft und uns das Glück irgendwo verdient“, sagte Martin Röser.

Er selbst hatte sein Team auf die Siegerstraße gebracht, als er eine Flanke von Tobias Schilk mit dem rechten Fuß verwandelte. „Ein ehemaliger Trainer von mir hat mal gesagt: Am ersten Pfosten wird das Geld verdient. Genau da bin ich in den Raum gespritzt, und die Flanke von Tobias Schilk kam genau dorthin“, schilderte Röser seinen Treffer zum 1:0 in der 32. Minute.

Die Pleitenserie der letzten Wochen hatte die Psyche der HFC-Kicker von jeglicher Überheblichkeit freigekärchert. Jetzt, auf dem Gipfel der daraus resultierenden Demut, kämpft diese Mannschaft mit einfachen Mitteln beherzt um jeden Punkt. „Es hat nicht bessere, sondern die effektivere Mannschaft gewonnen“, meinte Gäste-Trainer Rüdiger Rehm.

Eine treffende Analyse. Seine Mannschaft hatte per Elfmeter durch Manuel Schäffler (39.) Rösers Führung egalisiert, aber in der Folge noch zahlreiche Chancen versiebt. Doch Petar Sliskovic machte es auf HFC-Seite besser. Er verwandelte ein glänzendes Zuspiel von Hilal El-Helwe zum 2:1 (65.).

Aber es waren auch die kleinen Szenen, die die Moral der Hallenser widerspiegelten, die sie seit dem 1:1 in Karlsruhe konserviert hatten. Vor dem Siegtreffer marschierte Abwehrchef Stefan Kleineheismann mutig über die Mittellinie. Am Ende des beherzten Vorstoßes war er es, der per Tackling den Ball zu El-Helwe brachte und sich so eine große Aktie an dem Tor verdiente.

Schnitzlers Glück: „Endlich ist der vermeintliche Fluch vorbei“

Oder auch kurz vor Schluss, als Torwart Oliver Schnitzler und El-Helwe gemeinsam auf der eigenen Torlinie einen gefährlichen Freistoß von Wiesbadens Robert Andrich entschärften. Der überschwängliche Jubel des Retter-Duos, das sich innig in den Armen lag, war auch so eine Alle-für-Eines-Szene. „Wenn man unten drin steht, dann geht es nur über den Kampf - und wir haben uns so beherzt reingeworfen, wie es in unserer Situation nötig war“, sagte Erik Zenga.

Der Neuzugang war blass geblieben, hatte aber fleißig Löcher gestopft. Noch dazu mit Handicap. „Ich habe eine massive Hüftprellung und musste fitgespritzt werden“, erzählte er.

Komplett froh klang Oliver Schnitzler: „Wir haben kämpferisch alles in die Waagschale geworfen.“ Der Torwart war einer der Glücklichsten beim HFC. Schließlich war für ihn eine persönliche Durststrecke zu Ende gegangen. „Endlich ist der vermeintliche Fluch vorbei“, sagte er und konnte „nun darüber reden“. Nämlich über die Tatsache, dass er bis dato noch nie ein Drittliga-Spiel gewonnen hatte. Er wollte es verdrängen. „Aber natürlich schlummern die Gedanken daran im Kopf.“ Nicht nur, dass er im zwölften Einsatz für den HFC nun erstmals einen Dreier bejubeln konnte. Auch früher, als der 21-Jährige für Aalen spielte (2015/16), hatte er in seinen vier Spielen nicht gesiegt.

War der Erfolg über Wiesbaden nun der Befreiungsschlag für den HFC? „Wir hatten eine hohe Moral - und diesmal auch Spielglück“, meinte Trainer Rico Schmitt. „Ich freue mich, dass wir seit ewiger Zeit mal wieder gewonnen haben. Wir genießen den Moment und sind kurz mal die Helden. Aber es war nur ein kleiner Schritt.“  (mz)

Oliver Schnitzler (2. v. l.) und Hilal El-Helwe feiern ihre Rettungstat auf der Linie.
Oliver Schnitzler (2. v. l.) und Hilal El-Helwe feiern ihre Rettungstat auf der Linie.
Eckehard Schulz