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Spielunterbrechung bei Chemie vs. Lok Leipzig Spielunterbrechung bei BSG Chemie vs. Lok Leipzig: Benjamin Kirsten "Man kann als Spieler nichts machen"

30.07.2017, 12:40
Ein Lokfan auf dem Spielfeld.
Ein Lokfan auf dem Spielfeld. dpa-Zentralbild

Leipzig - Eigentlich war der Regionalliga-Auftakt beim Leipziger Stadtderby zwischen Aufsteiger BSG Chemie Leipzig und 1. FC Lokomotive Leipzig (0:1) stimmungsvoll. Die Atmosphäre auf den mit 5000 Fans besetzten Rängen, mehr dürfen nicht in den baufälligen Alfred-Kunze-Sportpark, und auf dem Platz war zwar angespannt und hitzig – gerade in der Anfangsphase. Doch bis dahin war auch Dank des Polizeiaufgebots von etwa 500 Beamten alles friedlich geblieben.

In der 87. Minute lieferten dann allerdings einige Lok-Fans genau jene Bilder, die Spieler, Verantwortliche und die meisten Fans der beiden Leipziger Traditionsklubs so satt haben.

Zwei Personen aus dem Gästeblock sprangen nach der Roten Karte an Chemie-Keeper Marcus Dölz auf den Rasen, Polizei und Security stürmten auf den Platz und das Spiel musste für etwa zwölf Minuten unterbrochen werden. Lok-Torhüter Benjamin Kirsten (30) sprach nach seiner Derby-Premiere mit Ullrich Kroemer auch über die Einflussmöglichkeit der Spieler auf solche Fans und seine Ziele mit Lok.

Herr Kirsten, das war Ihr erstes Leipziger Derby ...
Benjamin Kirsten: Naja, ich stand beim Duell im Sachsenpokal im November vergangenen Jahres schon bei Lok unter Vertrag, aber wir haben das damals noch eine Woche ’rausgeschoben. Es ist also eigentlich mein zweites Derby, aber das erste, bei dem ich auch mitspielen durfte.

Wie haben Sie die Atmosphäre wahrgenommen?
Benjamin Kirsten: Ich habe schon viele Derbys gespielt, viele mit Brisanz, bei denen es um sehr viel ging. Aber noch nie ein Stadtderby. Es war sehr wichtig für mich, das mal mitzuerleben, wie Stadt und Fans sich vorher in Aufruhr befinden – auch heute mit der guten Stimmung im Stadion bis zur Unterbrechung. Ein solches Stadtderby darf nicht jeder spielen, und das kann ich für mich abhaken.

Was hat das Besondere auf dem Platz ausgemacht?
Benjamin Kirsten: Man hat es schon die ganze Woche über gespürt. Die Jungs, die aus Leipzig kommen, die wissen, welchen Stellenwert das hier hat und haben das auch immer wieder angesprochen. Wir haben ja auch viele Spieler, die bei der „Lok’sche” fußballerisch ausgebildet wurden, und das schon von klein auf kennen. Ich habe hier im Alfred-Kunze-Sportpark schon einmal gegen Sachsen Leipzig gespielt, da haben wir auch gewonnen, habe hier also noch nie verloren. Das ist schonmal ganz gut.

Wie haben Sie die Szene wahrgenommen, als zwei Personen aus dem Lok-Block in der 87. Minute auf den Rasen sprangen und das Spiel über zehn Minuten unterbrochen werden musste?
Benjamin Kirsten: Das muss ich nicht bewerten, das interessiert mich auch nicht. Ich habe schon Schlimmeres gesehen. Was ich sagen kann: Es war für uns zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Wir waren drauf und dran, das 2:0 zu machen. Dann muss man in die Kabine gehen, einige setzen sich hin, man versucht die Konzentration hochzuhalten. Aber wir haben es danach dennoch sensationell ausgespielt, haben keine Luft mehr drangelassen. Da ziehe ich den Hut vor den Jungs.

Hat man als Spieler überhaupt eine Möglichkeit, in solchen Situationen auf die Fans einzuwirken oder ist das zu naiv gedacht?
Benjamin Kirsten: Man kann als Spieler gar nichts machen, das ist sinnlos. Man muss sich das so vorstellen, dass eine einzelne Person vor 40 Menschen steht. Das hat noch nie funktioniert. Wir haben unseren Job auf dem Feld zu erledigen. Und andere Leute müssen sich Gedanken machen, dass sich die Situation auf der Tribüne entspannt.

Bei Dynamo Dresden waren Sie Publikumsliebling, hatten einen guten Draht zu den Fans. Wie ist das jetzt bei Lok Leipzig?
Benjamin Kirsten: Man muss sich Vertrauen erarbeiten. Ich hatte es sicherlich nicht einfach, aber das gehört dazu. Ich komme nun mal von einem Verein, der in Sachsen einen extrem großen Namen hat. Sicherlich habe ich mich nicht selbst entschieden, von Dynamo wegzugehen, und ich weiß, dass das kritisch gesehen wird. Aber damit kann ich umgehen und versuche, meine Leistung abzurufen. Dann kommt das Vertrauen von ganz allein.

Welche Zielstellung haben Sie persönlich in dieser Saison?
Benjamin Kirsten: Ich will immer das Maximum erreichen. Das war bei jeder Station so. Als Mannschaft können wir mit einem guten einstelligen Tabellenplatz zufrieden sein. Wir müssen aufpassen, dass wir mit unserer Entwicklung nicht zu schnell voranschreiten. Der Verein muss mitwachsen, das ist extrem wichtig. Wir dürfen nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen. Mit der Zusammenstellung der Mannschaft haben wir schon einen sehr guten Schritt gemacht, mit Jungs die irgendwo in der 3. Liga die Chance nicht bekommen haben, und jetzt hier aufblühen können. Das Team ist nochmal zwei Ticken besser als vergangenes Jahr. (mz)