Kommentar zum Fahren ohne Führerschein Kommentar zum Fahren ohne Führerschein: Der Fall Marco Reus ist alarmierend für die gesamte Branche

Marco Reus in einem Auto – das ist ein selbstverständlicher Anblick, es existieren ja allerlei Fotos von ihm in den Nobelkarossen dieser Welt. Er fährt in seinem Aston Martin auf dem Trainingsgelände von Borussia Dortmund vor. Oder macht im Kreise der Nationalmannschaft Werbung für Mercedes. Er ist auch das Gesicht einer Opel-Kampagne, hat einen eigenen schwarz-gelben Wagen mit seinen Initialen auf der Fahrertür.
Auch die Polizei verfügt über Bilder von Reus im Auto, aufgenommen von so manchem Blitzer der Republik. Einer wie er hat einen Führerschein, natürlich. Dachte man. Doch nun stellt sich heraus, dass Marco Reus die Fahrprüfung nie abgelegt hat. Er besitzt keinen Führerschein.
Die Causa lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Die sozialen Netzwerke sind inzwischen längst überflutet von Marco-Reus-Führerschein-Sprüchen, es sind durchaus lustige dabei. Kein Wunder, so aberwitzig, wie dieser Vorgang ist. „ADAC ernennt Marco Reus zum Autofahrer des Jahres“, um ein Beispiel zu nennen.
Man kann aber auch fragen: Wie kann er nur? Und was hätte nicht alles passieren können? Gut, vermutlich war Marco Reus nicht gefährdender für den Verkehr als jeder 25-Jährige, der mit einem Aston Martin oder ähnlichen PS-Monstern über die Straßen rauscht. Aber in der Fahrschule wird gelehrt, mit kritischen Situationen umzugehen. Es ist nicht klar, ob Reus diese Kenntnis damals, als er mit 18 Jahren ein paar Fahrstunden nahm, erlangt hat. Mit größter Vorsicht wird er jedenfalls nicht immer gefahren sein, schließlich ist er mindestens fünf Mal geblitzt worden. Ein Glück, dass niemandem etwas passiert ist.
Aber wie konnte er so lange damit durchkommen? Gibt es vor lauter Hype keine bremsenden Instanzen mehr im Umfeld eines Fußballprofis? Kaum vorstellbar, dass weder Familie noch Freunde, Mitspieler, Berater oder Vereinsmitarbeiter wussten, dass Reus etwas Verbotenes tut. Und hätte er, dessen Verletzungshistorie sich liest wie die eines Hochrisiko-Extremsportlers, nicht während all der Pausen ausreichend Zeit gehabt, zu lernen und die Prüfung zu absolvieren? Er habe sich „leider dafür entschieden, diesen Weg zu gehen“, sagt Reus. Jetzt muss er eine Strafe von 540.000 Euro zahlen. Ein Führerschein wäre deutlich günstiger gewesen.
Die Erkenntnis ist nicht neu, aber deshalb nicht weniger alarmierend: Junge Fußballprofis wie Reus leben in einer Parallelwelt, in der ein Sportwagen alles bedeutet und ein Führerschein nichts. Wer aufwächst mit der Selbstverständlichkeit, alles zu bekommen, was einem lieb ist, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen, außer Fußball zu spielen, der kann durchaus das Gefühl dafür verlieren, was ihm zusteht. Was er darf und was nicht. Warum ihm die selben Dinge verboten sind wie anderen Menschen.
Der Fall Reus ist symptomatisch und ein schlechtes Zeichen für die Branche. Und für den Normalbürger? Ist es einfach nur unfassbar.