Fußball - 3. Liga Fußball - 3. Liga: Hansa Rostock schließt Ultra-Tribüne

Rostock - Am Morgen danach herrschte noch immer Schockstarre, am Nachmittag aber griff der Club energisch durch. Den Protagonisten des Fußball-Drittligisten FC Hansa Rostock stand die Fassungslosigkeit über die gewalttätigen Ausschreitungen beim Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg ins Gesicht geschrieben. „Das war ein Rückfall in die Steinzeit. Der Vorstand arbeitet an allen Ecken und Enden, um das Thema aufzuarbeiten“, sagte Klein am Donnerstag.
Schon am Nachmittag ließ der Verein Taten folgen. Beim nächsten Heimspiel am 3. Oktober gegen Dynamo Dresden bleibt die Südtribüne geschlossen. Damit sperrt Hansa rund 2.500 der teilweise zur Ultraszene zählenden Fans von dem Ost-Duell aus. Karten, die bereits verkauft sind, werden nicht ersetzt, sagte Clubchef Michael Dahlmann auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Dies Maßnahme kostet den Verein rund 27.000 Euro.
Es sei ihm kein vergleichbarer Fall in der deutschen Fußballgeschichte bekannt. Mögliche juristische Folgen seien ihm derzeit nicht wichtig. Es sei jedoch eine Grenze erreicht, der Vertrauensvorschuss aufgebraucht. Er hoffe seitens der Fanszene auf „einsichtsvolle Stellungnahmen“. Dahlmann: „Wir werden den Dialog mit der Szene nicht einstellen.“
Finanz- und Immobilienexperte Rolf Elgeti, der jüngst bei Hansa als Investor eingestiegen war, versucht die Krawall-Fans mit Geld für den Club zur Ordnung rufen zu können. Er habe als Anreiz für positives Verhalten spontan versprochen, für jedes halbe Jahr ohne Zwischenfälle 250 000 Euro Schulden zu erlassen. Laut Dahlmann belaufen sich die Gesamtschulden auf rund 20,4 Millionen Euro.
Partie wird zweimal unterbrochen
Am Mittwochabend hatten sich Fans von Hansa Rostock und vom 1. FC Magdeburg, kaum dass das erste Aufeinandertreffen nach 25 Jahren in dem mit 16 300 Zuschauern gefüllten Ostseestadion angepfiffen war, massiv mit Feuerwerkskörpern beschossen. Die Chaoten zündeten Böller und Rauchbomben, die das Spielfeld einnebelten. Schiedsrichter Sven Jablonski musste die Partie zweimal für insgesamt rund 17 Minuten unterbrechen. Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch.
Auch in der Folge blieb die Lage in den beiden nebeneinanderliegenden Fanblöcken höchst angespannt.
Dabei hatte Hansa im Vorfeld der Partie eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Zwischenfälle zu vermeiden. So waren die Einlasskontrollen verschärft worden, Sprengstoff-Spürhunde eingesetzt und Karten nur an Anhänger aus Mecklenburg-Vorpommern verkauft worden. „Es gab einen Shuttle-Service für Gästefans. Wir haben den Ordnerbestand um 40 Prozent erhöht“, berichtete Dahlmann.
Club droht drastische Bestrafung
Am Ende half das alles nicht. Die Chaoten verursachten die schwersten Ausschreitungen seit dem April 2014. Da verließen in der Partie gegen RB Leipzig während der Halbzeitpause mehrere zum Teil vermummte Fans die Südtribüne. Sie warfen zunächst Farbbeutel und andere Gegenstände in den Gästefanbereich. Anschließend bewarfen die Randalierer Polizeibeamte mit Trümmerteilen und Flaschen und zerstörten WC-Anlagen.
Wie damals erwartet den Club eine drastische Bestrafung. „Wir werden die Geschehnisse intern und mit den Sicherheitsbehörden bewerten. Und dann kommt ja noch ein Verfahren seitens des Deutschen Fußball-Bundes auf uns zu“, sagte Dahlmann. Hansa ist in der Vergangenheit wegen Verfehlungen seiner Anhänger wiederholt zur Kasse gebeten worden. Das letzte „Geisterspiel“ gab es am 18. Dezember 2011 gegen Dynamo Dresden und verursachte ein Finanzloch in sechsstelliger Höhe.
Nach dem Abpfiff der Partie am Mittwochabend gingen die Randale in der Rostocker Innenstadt weiter. Der Polizei zufolge bewarfen etwa 100 vermummte Rostock-Anhänger das neue Polizeizentrum mit Steinen und beschädigten Fensterscheiben.
Magdeburger Fan-Zug mit Gegenständen beworfen
Bereits vor dem Spiel hatten Unbekannte den Fan-Zug der Magdeburger mit Gegenständen beworfen und mit Farbe besprüht. Kurz vor Beginn der Partie kam es vor dem Stadion zu Streitereien zwischen den Fans der beiden Fußballclubs. Die Polizei setzte 85 Beteiligte fest. (dpa)