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Einzelkritik der DFB-Spieler Einzelkritik der 14 Spieler nach Deutschlands 1:0-Sieg gegen Nordirland

Von Martin Henkel 16.06.2016, 23:00
Die deutsche Nationalelf gegen Nordirland.
Die deutsche Nationalelf gegen Nordirland. AFP

Paris - Im letzten Vorrundenspiel macht Deutschland mit einem hochverdienten 1:0-Sieg über Nordirland den Gruppensieg perfekt.  Besonders im ersten Durchgang ließ der Weltmeister zahlreiche Chancen liegen. Die Einzelkritik. 

Manuel Neuer

Kann es noch. Erste Minute, Querschläger Nordirland Richtung deutsche Eckfahne: Neuer sprintet, lässt den Querschläger passieren und Nordirlands Stürmer Conor Washington an seiner Schulter abperlen. Eine astreine Keeper-Sweeper-Aktion, bekannt dafür wurde Neuer während der WM vor zwei Jahren. Mehr Torhüter-Libero war aber nicht. Was allerdings am Gegner lag: die Nordiren hatten in diesem Spiel keine offizielle Torchance.   

Joshua Kimmich

Vor zwei Tagen noch hat der Bundestrainer geklagt, einen wie Rechtsverteidiger Philip Lahm gäbe es nicht zwei Mal in zehn Jahren. Stimmt. Joshua Kimmich ist kein Philip Lahm. Dafür fehlt ihm das Kehrmaschinen-Talent, mit dem Lahm berühmtermaßen  die Bälle vom gegnerischen Fuß reinigte. Dafür aber kann Kimmich besser flanken, scharf, mit Drall, auf Kopf und Fuß.  Was nicht ohne ist, bei einem Matchplan mit Mario Gomez im Sturm. Joachim Löw kann sich deshalb ab sofort einer neuen Baustelle zuwenden, die auf rechts hat Kimmich jedenfalls geschlossen. Vier Kopfstoß- und Torschusspässe säbelte der Rechtsverteidiger-Debütant in den nordirischen Strafraum, dazu hatte er selbst zwei Einschussmöglichkeiten. Das macht: vier Pässe und zwei Chancen mehr als Vorgänger Bendikt Höwedes.  

Jerome Boateng

Musste diesmal weniger mit seinen Stimmbändern arbeiten als in den Spielen zuvor. Auch nicht vor den Kameras. Der deutsche Abwehrchef verabschiedete sich  früh aus der Mikrofonzone und wurde von Benedikt Höwedes ersetzt. Die Wade – hat Ende der ersten Halbzeit zu- und nach der Pause  nicht wieder aufgemacht. So hat es  der Bundestrainer erzählt, und seinen wichtigsten Mann deshalb vorsorglich runtergenommen. War aber auch kein allzu großes Risiko.  

Mats Hummels

Frisur, Bärtchen, Haltung waren beim zweiten deutschen Abwehrchef wie immer tadellos. Dazu Gattin Cathy auf der Tribüne – mit solch einem Setting, das lehrt die Erfahrung, macht Hummels in der Regel nichts falsch. War nennenswert unauffällig gegen Nordirland, gewann aber einen Ball für die Statistik: den letzten des Spiels, im Luftduell mit Kyle Lafferty.

Jonas Hector

Jetzt, wo auf rechts Kimmich spielt, kann sich Joachim Löw die linke Seite vornehmen. Der Kölner Abwehrmann war der schwächste Startelf-Deutsche. Flanken: Kam keine einzige an. Pässe: Hat er mehr als normal vertändelt. Wirkung aufs Spiel: War nordirisch. Einzige zeigenswerte Szene: Ein Hector-Gegner-Billardball zwang den Linienrichter in die Knie.

Sami Khedira

Ist älter geworden, und in diesem Fall: reifer. Vorbei sind die Spiele, in den Khedira pferdegleich über das Feld galoppierte, Box to Box wie es heißt. Mittlerweile weiß der Defensivmann das Spiele eher zu lesen, als zu empfinden. Mit der Folge, dass er sich aus dem Strafraumgetümmel vornehm heraushielt und lediglich zusah, dass die abgeprallten und verteidigten Bälle der Nordiren postwendend  wieder zurück kamen. Hat seinen Platz neben Kross somit sicher, auch wenn Löw ihn 25 Minuten vor Ende des Spiels gegen seinen Konkurrenten Schweinsteiger wechselte. Stellt sich die Frage: Um den rekonvaleszenten Kapitän fit zu kriegen? Oder Khedira zu schonen?    

Toni Kroos

Macht einfach nichts falsch. Kroos stellte auch in diesem Spiel seine Bälle mit 99-prozentiger Akkuratesse zu. Ansonsten hielt sich der deutsche Orchestermann diesmal dezent zurück und überließ den Taktstock Mesut Özil. Eine kluge Maßnahmen, so hat er Kraft für das nächste Spiel gespart. Denn man weiß: Özil dirigiert ungern zwei Spiele hintereinander.

Thomas Müller

Durfte erstmals wieder spielen, wo er sich am wohlsten fühlt: irgendwo im Raum. Schlich deshalb in gewohnter Manier um und in den gegnerischen Strafraum – und vorbei an den vielfüßigen Nordiren zu einer ganzen Handvoll Torchancen. Sagte nach dem Spiel: „Ich hätte jetzt da stehen können, wo der Bale steht.“ Aber eben nur: hätte. Müller köpfte einen Ball an den Pfosten, schoss einen Ball an die Latte und zwei weitere in die Füße des nordirischen Keepers. Deshalb bleibt die EM-Statistik für Müller weiter weiß: zwei Turniere, kein Tor. Und damit weiter drei Tore von Gareth Bale entfernt.

Mesut Özil

Spielte eine dieser Partien, die keinen Zweifel daran lassen, dass sein Talent am Markt mit 50 Millionen Euro taxiert wird; ein Wert, den in der DFB-Elf nur noch Kroos erreicht. War alles in allem: Doppelpasspartner, Schnittstellenspieler, Durchstecker, Dirigent, Beschleuniger, Verschlepper. Drei hochkarätige Torchancen bereitete Özil vor. Nur Tore schießen – das ist nicht mehr sein Ding. Vermurkste zwei Bälle frei vorm Tor in der ersten Hälfte und feuerte in der zweiten einen Ball aussichtsreich über die Querlatte.   Wäre in dieser Form eine Versicherung für den Einzug ins Viertelfinale. Aber zwei solche Auftritte hintereinander? Auch das ist (eigentlich) nicht mehr sein Ding. 

Mario Götze

Der Bundestrainer sieht in der falschen Neun eine echte Bereicherung fürs deutsche Spiel. Warum, das ist aber weiter offen. Götze durfte dieses Mal im geliebten Mittelfeld ran. Trotzdem bleibt es dabei: Mario Götze heute ist nur noch ein Abziehbild des Mario Götze von früher. Tauchte  gegen die Nordiren mal hier, mal da auf, meistens aber ab,  vergab hochkarätige Torchancen, ließ sich den Ball vom Fuß klauen. Und wurde schließlich nach 55 Minuten aus dem Spiel genommen. 

Mario Gomez

Turnier-Comeback nach vier Jahren Abstinenz – und kaum einer hat es bemerkt: Die „echte Neun“ Mario Gomez ist nahe dran, Jürgen Klinsmann als besten deutschen EM-Schützen einzuholen. Ein Tor fehlt noch, drei  hatte Gomez vor diesem Spiel schon auf dem Konto (EM 2012), eines hat er jetzt draufgepackt. Schoss nämlich das einzige Tor. Mehr noch: Erfüllte mustergültig die Vorgaben des Bundestrainers  und klammerte 90 Minuten lang die zwei nordirischen Innenverteidiger weg, um Raum zu schaffen für die zweite Reihe des deutschen Sturms. Sichtbares Zeichen dieses Opfergangs: zwei wölfische Kratzer auf dem linken Oberarm.  

André Schürrle

Der Joker kam laut Einwechseltafel nach 55 Minuten für Götze auf den Platz.  Blieb aber unsichtbar.

Bastian Schweinsteiger

Gegen Polen hatte Löw das Aufbautraining für seinen Kapitän unterbrochen. Gegen die Nordiren nahm er es wieder auf. Schweinsteiger durfte  22 Minuten für Khedira ran. Kam dieses Mal aber nicht zu einem Tor, und auch nicht in Schwung. In dieser Verfassung ist er weiter  wichtig für den Bundestrainer – besser aber neben sich auf der Bank.

Benedikt Höwedes

Kam für Boateng, also auf seine Schalke-Position. Das kann er – musste er aber nicht beweisen. Aus Nordirland kam zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Innenverteidigerpass ins deutsche Hinterland geflogen – und der landete bekanntlich auf Hummels Kopf.

André Schürrle

Der Rekordjoker kam früh für Götze. Und Löw dürfte einmal mehr erkannt haben, dass dies die beste Rolle für Schürrle ist - und zwar je später, desto besser. So früh schon im Spiel gab der DFB-Schürrle nämlich den VFL-Schürrle: fahrig und wirkungslos.