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Fußball-EM „An die Tür gehämmert“: Agyemang erlöst England

Als das Halbfinal-Aus droht, zieht Englands Trainerin Sarina Wiegman ihren Superjoker. Und Michelle Agyemang liefert im letzten Moment auch gegen Italien.

Von David Joram, Christiane Oelrich und Ulrike John 23.07.2025, 07:51
Englands Michelle Agyemang (r) feiert mit Ella Toone ihr spätes 1:1.
Englands Michelle Agyemang (r) feiert mit Ella Toone ihr spätes 1:1. Martin Meissner/AP/dpa

Genf - Kaum war der Fußball-Krimi von Genf geschrieben, packte Esme Morgan den britischen Humor aus. „Diese Drama-Spiele machen natürlich am meisten Spaß - und wir unterhalten einfach gerne“, sagte Englands Innenverteidigerin im ZDF über den in doppelter Hinsicht späten 2:1-Sieg nach Verlängerung im EM-Halbfinale gegen Italien. 

Ein Tor tief in der Nachspielzeit und ein weiteres kurz vor dem Ende der Verlängerung bescherten Morgans Team den Finaleinzug - und damit die Chance auf die Titelverteidigung am Sonntag in Basel. Die Heldin des Abends hieß Michelle Agyemang, die in der sechsten Minute der Nachspielzeit das 1:1 erzielt hatte. Im Nationalteam ist die 19-Jährige erst seit April dabei.

Die Italienerinnen beweinten das bittere Aus und ärgerten sich insbesondere über den späten Elfmeter. „Sie haben sich gegenseitig festgehalten. War es ein Elfmeter? Ich weiß es nicht“, sagte Trainer Andrea Soncin. Und Star-Spielerin Cristiana Girelli stellte unter Tränen fest: „Leider sollte es nicht sein. Fußball gibt, Fußball nimmt.“

„Dann ist Michelle wieder aufgetaucht“

„Ich hatte das Gefühl, dass wir in der zweiten Halbzeit an die Tür gehämmert haben und es einfach nicht klappen wollte. Aber dann ist Michelle wieder aufgetaucht und hat uns den Tag gerettet“, sagte Morgan über die eingewechselte Stürmerin. „Sie ist einfach eine unglaublich intelligente Spielerin, die weiß, wo sie sich den Raum nehmen muss.“

Siegtorschützin Chloe Kelly, die in der 119. Minute ihren Elfmeter im Nachschuss zum Sieg verwandelte, hob ebenfalls Agyemang hervor: „Michelle hat auf dem Spielfeld etwas bewegt, als sie kam. Sie hat uns viel Selbstvertrauen gegeben.“ Und Trainerin Sarina Wiegman fand: „Sie hat etwas Besonderes. Sie ist erst 19, aber sehr reif, sie hält den Ball wirklich gut, wenn sie so weitermacht, hat sie eine sehr große Zukunft.“

Wiegman schnürt Final-Fünferpack

Schon am Sonntag könnte Arsenals Offensivspielerin, die bisher auf vier Länderspiele und drei Tore kommt, ihren ersten großen Titel mit den Lionesses feiern. Es wäre der zweite EM-Triumph in Folge für England, und gar der dritte für die schier unersättliche Wiegman.

2017 hatte die Niederländerin mit ihrem Heimatland den EM-Pokal geholt, 2022 mit England. Addiert um die beiden verlorenen WM-Endspiele 2019 (mit den Niederländerinnen) und 2023 (mit England) darf sich die 55-Jährige auf das fünfte Endspiel bei WM oder EM nacheinander freuen.

„Ich habe viele Emotionen, bin erleichtert, glücklich, es fühlt sich surreal an, wieder im Finale zu stehen“, sagte Wiegman und bekannte: „Ich dachte in der 88. Minute, wir müssen jetzt ein Tor schießen, sonst haben wir ein Problem.“ Das löste dann Agyemang für die insgesamt recht einfallslosen Engländerinnen.

„Man wird uns nicht los“

Erneut überdeckten Kampfkraft und Moral die technischen und taktischen Mängel des Titelanwärters. Ähnlich wie beim Elfmeterdrama im Viertelfinale gegen Schweden: Da war England nach einem 0:2 zurückgekommen - auch dank Superjoker Agyemang - und hatte trotz vier Fehlschüssen vom Punkt noch gesiegt.

Weit unter ihren Möglichkeiten blieb erneut Chelseas Topstar Lauren James. Zur Pause musste sie Beth Mead weichen, die beim Ausgleich entscheidend Italiens Torhüterin Laura Giuliani irritierte und in der Verlängerung den Elfmeter herausholte. „Wir waren schon so oft kurz davor, auszuscheiden, aber man wird uns nicht los“, resümierte Stürmerin Lauren Hemp.