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Zwischenbilanz Eishockey-WM in Köln: Die erste Woche ist vorüber - eine Bilanz

14.05.2017, 16:00
Goalie Philipp Grubauer ist einer der großen deutschen Hoffnungsträger bei der Eishockey-WM 2017.
Goalie Philipp Grubauer ist einer der großen deutschen Hoffnungsträger bei der Eishockey-WM 2017. dpa

Köln - Seit gut einer Woche läuft die Eishockey-WM in Köln und Paris. Es ist ein Turnier, das sich nur langsam entfaltet und Konturen annimmt, soll heißen: Es gab bislang einige gute Spiele, aber noch keine herausragenden Momente. Die ganz großen Stars, also Leute wie Jaromir Jagr oder Alexander Owetschkin, sind nicht dabei.

Die Gastgeber-Teams Frankreich und Deutschland geben zwar ihr Bestes. Ob es reichen wird, damit sie in die K.o.-Runde einziehen, ist aber unsicher. Dafür haben die Deutschen bereits einen Skandal hinter sich, auf den sie gern verzichtet hätten.

Ein paar weitere Beobachtungen aus der ersten Hälfte des ersten deutsch-französischen Eishockey-Turniers im Überblick.

Eishockey-WM 2017: Der Standort Köln

Köln hat sich durch die WM-Spiele, die bereits in den Jahren 2001 und 2010 in der Lanxess-Arena stattfanden, einen hervorragenden Ruf in der Welt des Eishockeys verdient. Und man muss sagen: Bisher hält Köln den hohen Erwartungen stand – und zwar mit Bravour. Fast alle Partien der deutschen Mannschaft waren bislang ausverkauft, lediglich gegen die Slowakei kamen „nur“ 17.600 Besucher – und nicht wie in den anderen Spielen mehr als 18.000.

Und auch die Partien ohne deutsche Beteiligung sind sehr gut besucht. Letten, Schweden, Russen – alle kommen sie nach Köln. „Wir sind selbst überrascht, wie groß die Nachfrage nach Tickets der Spiele ohne deutsche Beteiligung sind“, sagt Henner Ziegfeld, der Generalsekretär des WM-OK.

Zum Beispiel fand die WM-Begegnung zwischen Schweden und Italien am Freitagnachmittag vor mehr als 10.000 Zuschauern statt. Am Samstag stellte die Arena sogar einen Rekord auf. Die Partie zwischen den USA und Lettland, die um 12.15 Uhr begann und 5:3 endete, sahen 17.936 Zuschauer. So viele Besucher kamen bisher nie zuvor zu einem WM-Spiel um diese Uhrzeit.

Es sind brillante Zahlen, die den finanzschwachen Deutschen Eishockey-Bund (DEB) glücklich machen. Denn er will mit seiner WM Geld verdienen, um es in die Nachwuchsförderung zu stecken. Und es kann noch deutlich mehr werden. In Köln steigen nach der Gruppenphase zwei Viertelfinals, beide Halbfinals, das Duell um Platz drei und das Endspiel.

Eishockey-WM 2017: Der Standort Paris

Die französische Hauptstadt richtet zum ersten Mal seit 1951 eine Eishockey-Weltmeisterschaft aus und sieht sich als „Rookie“, als eine Anfängerin in dieser Disziplin. Das heißt: Es war von vornherein klar, dass Paris nicht mit Köln in Sachen Zuschauer-Resonanz würde konkurrieren können. Zumal Eishockey in Frankreich noch mehr Randsport ist als in Deutschland. So gab es im modernisierten Palais Omnisport in Bercy, neuerdings AccorHotels Arena genannt, WM-Partien, die vor nur 3000 Besuchern ausgetragen wurden.

Aber auch Highlights, zum Beispiel das Spiel der eisigen Équipe Tricolore gegen Kanada, bei dem die Arena mit 14.510 Zuschauern ausverkauft war. Fast hätte Frankreich eine Überraschung geschafft, der kanadische Titelverteidiger gewann nur mit 4:3 gegen eine erstaunlich starke französische Mannschaft, die vorher schon überraschend Finnland mit 5:1 bezwungen hatte. Oder anders ausgedrückt: Die französischen Eishockey-Profis machen ihrem Publikum Spaß. Auch für den Fall, dass sie nicht ins Viertelfinale kommen sollten (die besten vier Mannschaften jeder Gruppe sind qualifiziert) – dürften sie bereits Eindruck hinterlassen haben.

Eishockey-WM 2017: Der Bundestrainer Marco Sturm

Der langjährige NHL-Profi Marco Sturm (38) übt das Amt seit Sommer 2015 aus. Er fing damals fast ohne Trainererfahrung an und und schaffte im Herbst 2016 die Olympia-Qualifikation mit der DEB-Auswahl. Das war ein großer Erfolg.

Unabhängig davon, was nun bei dem Heim-Turnier sportlich für die Deutschen herausspringen wird, kann man jetzt schon festhalten: Sturm macht seine Sache als Repräsentant gut. Der Landshuter bleibt immer ruhig und beantwortet mit niederbayerischer Ruhe eine Frage nach der anderen. Viele Reporter wollen viel wissen.

Und offenbar hat Sturm verinnerlicht, dass das gesteigerte Medien-Interesse bei einer WM im eigenen Land für den Randsport Eishockey eine Chance ist, sich gut zu verkaufen und zu positionieren. Und keine Last. Es gab vor ihm Bundestrainer, die viel schneller ungeduldig wurden. Bei den Spielern ist Sturm sowieso hoch angesehen.

Auch die in Nordamerika aktiven Profis rissen sich darum, für das deutsche Team in Köln spielen zu dürfen. Das war nicht immer so – und ist auch Sturms Verdienst.

Eishockey-WM 2017: Der Wirbel um Thomas Greiss

Thomas Greiss, deutscher Nationaltorhüter der New York Islanders, ist offenbar Fan des US-Präsidenten Donald Trump. So etwas kann passieren.

Der 31-jährige Füssener lebt seit 2006 mit kurzen Unterbrechungen in den USA, ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Und fand nichts dabei, während des US-Wahlkampfes im letzten November bei Instagram unter anderem ein „Gefällt mir“ unter einen Beitrag zu setzen, der ein Foto Adolf Hitlers zeigt. Und den Satz: „Nie verhaftet, nie verurteilt, genauso unschuldig wie Hillary“, also Hillary Clinton, Trumps Gegenkandidatin.

Der DEB wusste davon schon länger, wie Vize-Präsident Marc Hindelang erklärte. Er tat aber offenbar erst etwas, nachdem am Freitag ein Radiosender darüber berichtet hatte. Greiss wurde angehalten, den zweifelhaften Post zu entliken, was er auch tat.

„Grundsätzlich ist Hitler ein No-Go, das ist ganz klar. Es gibt Dinge, die gehen in Deutschland nicht“, sagte Hindelang. Er nahm den Keeper aber auch in Schutz: „Thomas Greiss ist kein Rechtsextremist und auch kein Rechtspopulist.“ Am Samstag bekam Greiss Unterstützung vom Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste: „Natürlich sehe ich die Inhalte der Fotos, welche Thomas Greiss liked, sehr kritisch und distanziere mich davon. Aber wenn Sportlern jetzt auch vorgeschrieben wird, was Ihnen zu »gefallen« hat und was nicht, dann kann der Sport komplett einpacken“, schrieb er bei Facebook.

Wahrscheinlich wird Greiss, der beim 2:1-Auftaktsieg der Deutschen gegen das US-Team als Held gefeiert wurde, nicht mehr im DEB-Tor stehen. Er laboriert an einer nicht näher benannten Oberkörperverletzung. Philipp Grubauer von den Washington Capitals wurde nachnominiert und traf am Samstag genauso wie Stürmer Leon Draisaitl in Deutschland ein.

Eishockey-WM 2017: Der Pechvogel Stürmer Tobias Rieder

Es war schon ein trauriges Bild, als Stürmer Tobias Rieder am Dienstag auf Krücken zum Interview humpelte. Der 24-Jährige Stürmer der Arizona Coyotes ist ein WM-Pechvogel. 2016 beim Turnier in Sankt Petersburg hatte er sich ein Band im Knie gerissen. In der WM-Partie gegen Russland erlitt er diesmal einen Riss der Syndesmose im rechten Fuß. Vier bis sechs Wochen muss er pausieren. „So ist es halt, jammern hilft nicht“, sagte der gebürtige Landshuter, der trotzdem bei der deutschen Mannschaft blieb. (red)