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Boxen Boxen: Wenn Sport zur Lebenshilfe wird

Von Petra Szag 25.06.2013, 21:32
Chris Mafuta (r.) fordert Titelverteidiger Dominic Bösel heraus.
Chris Mafuta (r.) fordert Titelverteidiger Dominic Bösel heraus. Popova Lizenz

Halle/MZ - Ein wenig mulmig wird Chris Mafuta bei dem ganzen Auflauf. Die Blitzlichter und Mikrofone sind neu für den Hallenser. Und als der Moderator der Pressekonferenz in einem halleschen Fitnessstudio ihm eine Frage stellt, muss er auch ein wenig länger überlegen als die anderen vor und nach ihm. Nicht, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig wäre. Im Gegenteil. Auch wenn es nicht seine Muttersprache ist, beherrscht er sie doch perfekt. Mit und im Bedarfsfall auch ohne halleschen Slang. Dazu kommen neben seinem Schul-Englisch noch Französisch, Portugiesisch und Lingala.

Chris Mafuta ist im Kongo geboren. Als er fünf Jahre alt war, floh seine Familie vor dem Bürgerkrieg und strandete nach einer Odyssee über Belgien, Frankreich und die Schweiz schließlich in Halle.

Dass er in der Saalestadt Fuß fassen konnte, daran hat der Sport einen großen Anteil. Er hat ihn von Anfang an begleitet bei seinem Streben nach Anerkennung - und bis zu einer WM geführt. Am Freitag kämpft der Profiboxer im Maritim gegen Dominic Bösel vom SES-Stall aus Magdeburg um die Junioren-Weltmeisterschaft des Verbandes WBO im Halbschwergewicht.

„Nein, ich hatte kein Muffensausen“, sagt der 23-Jährige auf die Frage, wie er auf das WM-Angebot reagiert hat. Dass er als eigentlicher Mittelgewichtler zehn Pfund zulegen musste, um auf die 79,378 Kilo zu kommen - „auch kein Problem“. Und wie zur Bestätigung dafür gönnte er sich im Anschluss vom Buffet ein belegtes Brötchen - vor der öffentlichen Wiege-Zeremonie für Boxer undenkbar.

Auch wenn er im Umgang mit den Medien noch ungeübt ist - sein Selbstbewusstsein ist beachtlich. Er weiß, was er gelernt hat in den letzten Jahren bei verschiedenen Lehrmeistern. Angefangen hat alles auf dem Fußball-Platz, zuletzt kickte er beim VfL 96. Von den koordinativen Fähigkeiten profitiert er noch heute. „Als ich gemerkt habe, dass die anderen mich überholen, habe ich mir eine neue Sportart gesucht“, erzählt er. Als 16-Jähriger kam er zu Detlef Marx, dem früheren DDR-Meister. Später hat der Olympiafünfte Norman Schuster Chris Mafuta trainiert, und als der wegging Steven Küchler, siebenfacher Chemiepokal-Sieger.

Als es vor anderthalb Jahren familiär kriselte und Mafuta auch in seiner Ausbildung zum Sportfachmann eine Auszeit nahm, half ihm erneut der Sport, in die Spur zurückzufinden. Das harte Training auch in dieser schwierigen Zeit hat sich gelohnt, das zeigt der WM-Kampf. Seine Frau wird am Freitag am Ring sitzen, während sein zweijähriger Sohn Noel bei der Oma ist. Und auch seine Ausbildung wird Chris Mafuta im September wieder aufnehmen - egal, ob er dann Weltmeister sein sollte oder nicht.

Es gibt nur noch wenige Restkarten an der Abendkasse. Gäste sind u.a. Weltmeister Robert Stieglitz und Klitschko-Gegner Francesco Pianeta.

Im Fernsehen: Sport 1 überträgt die Junioren-WM ab 22.15 Uhr live.