Personalmangel und wenig Züge Zugausfälle und Verspätungen - LNVG kritisiert Bahnbetreiber
Rund um Soltau und Hildesheim fallen oft Züge aus oder sind verspätet. Der Fahrgastverband Pro Bahn spricht von „unzumutbaren Zuständen“. Nun schaltet sich auch die Landesnahverkehrsgesellschaft ein.

Soltau - Wegen häufig verspäteter Züge und Ausfällen auf den Bahnstrecken des Heidekreuzes und der Weser-/Lammetalbahn verlangt die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) vom Bahnunternehmen Start Niedersachsen Mitte Verbesserungen. „Wir fordern von Start, für alle Linien ein belastbares Konzept zu erstellen. Spätestens mit Schulbeginn muss Start das belastbare Konzept auf die Schiene bringen“, teilt eine Sprecherin der Landesnahverkehrsgesellschaft auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Bei dem Regionalbahnbetreiber gebe es Probleme mit der Personalverfügbarkeit und auch die Instandsetzung der Züge verlaufe nicht reibungslos, hieß es.
Zuvor hatte der Fahrgastverband Pro Bahn die Zustände auf Start-Bahnlinien als „unzumutbar“ kritisiert. „Derzeit erreichen uns so viele Kundenbeschwerden wie noch nie bezüglich der vier von Start Niedersachsen Mitte betriebenen Regionalbahnlinien um Hildesheim und Soltau“, sagte Landesvorsitzender Malte Diehl in einer Mitteilung. Besonders katastrophal seien die Zustände auf der Strecke zwischen Hildesheim und Bodenburg. Dort fielen laut Pro Bahn teils mehrere Züge hintereinander aus.
Welche Bahnstrecken betroffen sind
Auf einigen Linien würden manche Züge nur auf dem Papier existieren, kritisiert der Fahrgastverband. Oft verkehrten auch verkürzte Züge, weil Triebwagen immer wieder aus technischen Gründen ausfielen. „Die zu kurzen Züge sind dann regelmäßig überfüllt und bauen dadurch Verspätungen auf.“
Start ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn und betreibt die Strecken RB 37 (Bremen – Soltau – Uelzen), RB 38 (Hannover – Soltau – Hamburg-Harburg), RB 77 (Hildesheim – Hameln – Herford) und RB 79 (Bodenburg – Hildesheim) seit Ende 2021 im Auftrag der LNVG.
Im Qualitätsmonitor der Landesnahverkehrsgesellschaft werden für den zuletzt aktualisierten Monat März die RB 37, die RB 79 und die RB 77 unter den vier unzuverlässigsten Bahnlinien in Niedersachsen gelistet. Allein auf der Linie RB 37 fielen demnach etwa ein Viertel aller Verbindungen in dem Monat aus.
Was das Unternehmen sagt
Von Start Niedersachsen Mitte hieß es auf Anfrage, in den vergangenen Wochen sei es auf „einzelnen Linien punktuell“ zu betrieblichen Einschränkungen gekommen - etwa durch Zugausfälle, verkürzte Zuglängen und Verspätungen. Die Ursachen dafür seien vielfältig, teilt eine Sprecherin mit. Sie nennt etwa Baustellen mit Langsamfahrstellen, eingleisige Streckenabschnitte ohne Ausweichmöglichkeiten, technische Fahrzeugstörungen, Verspätungen aus vorherigen Zugfahrten und Personalengpässe.
Aktuell stelle die betriebliche Lage in der Fahrzeugflotte im Weserbergland eine zusätzliche Herausforderung dar, teilt die Sprecherin weiter mit. Außerdem gebe es einen erhöhten Krankenstand beim Personal. „Um kurzfristig gegenzusteuern, arbeiten wir mit Personaldienstleistern zusammen, um temporäre Engpässe zu überbrücken.“ Ziel sei es, die Personalsituation zeitnah zu stabilisieren und eine spürbare Entlastung im Fahrgastbetrieb zu erreichen.
Ein signifikanter Anstieg der Beschwerden, wie von Pro Bahn dargestellt, sei dagegen nicht festzustellen. „Im ersten Halbjahr 2025 haben uns insgesamt etwas weniger Kundenrückmeldungen erreicht als im gleichen Zeitraum des Vorjahres“, heißt es von Start. Allerdings sprach auch die Landesnahverkehrsgesellschaft von Qualitätseinbußen, die sich in Kundenanfragen an die LNVG widerspiegelten.
Forderung nach Neuvergabe des Streckennetzes
Wegen der anhaltenden Zustände auf den Start-Linien fordert Pro Bahn die LNVG auf, den Vertrag mit Start Niedersachsen Mitte aufzulösen und stattdessen per Notvergabe ein anderes Eisenbahnunternehmen einzusetzen. „Start Niedersachsen Mitte kann seit nunmehr fast vier Jahren keinen anhaltend zuverlässigen Bahnverkehr bieten und wir sehen bei der Unternehmensführung auch keine wirkliche Bemühung, Abhilfe zu schaffen. Das darf nicht bis 2029 so weitergehen“, sagt Landesvorsitzender Diehl. Bis dahin läuft der Verkehrsvertrag mit dem Bahnunternehmen.
LNVG teilt dazu mit, den Verkehrsvertrag mit Start zu beenden sei zwar eine „denkbare rechtliche Option“. „Jedoch ist damit die Frage, wer danach das Netz betreibt, nicht beantwortet. Die damit verbundenen praktischen Nachteile sind nicht zu unterschätzen“, sagt die LNVG-Sprecherin. Eine Lösung sieht die Gesellschaft in dem Vorschlag daher nicht. Kein anderes Bahnunternehmen verfüge so schnell über genügend Personal, mit dem das Netz reibungslos betrieben werden könne, oder verfüge über entsprechende, freie Instandhaltungskapazitäten.