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Umbrüche im Bremer Senat Wissenschaftler sieht Bremer Regierung in Schwierigkeiten

Der Innensenator geht, die Bildungssenatorin wankt: Bremens Senat befindet sich im Umbruch. Doch kann der Neuanfang gelingen?

Von dpa 22.08.2025, 04:45
Über die Spitzenpositionen in der Innen- und Bildungsbehörde wird viel diskutiert.
Über die Spitzenpositionen in der Innen- und Bildungsbehörde wird viel diskutiert. Sina Schuldt/dpa

Bremen - Die Bremer Regierung steckt aus Sicht des Politikwissenschaftlers Lothar Probst in einer tiefen Krise. „Der Senat scheint in einem relativ desolaten Zustand zu sein und kriegt nicht so richtig viel gebacken“, sagt der Parteienforscher der Deutschen Presse-Agentur. Wichtige Projekte würden nicht angegangen, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Landesregierung sei gering. 

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) müsse handeln und seine Regierung neu aufstellen. „Wenn solche Personalentscheidungen überhaupt noch in die Wirkung erzielen sollen, dann muss man sie jetzt machen. Denn ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl wäre schon ein bisschen spät“, meint der Politologe. Die nächste Wahl in Bremen ist turnusgemäß im Jahr 2027.

Innensenator Mäurer „nicht mehr der richtige Mann“

Fest steht, dass Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) Ende des Jahres aufhören wird. Mit Blick auf sein Alter von 74 Jahren möchte er sein Amt an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger übergeben, wie er jüngst an den Landesvorstand und die Fraktion der Bremer SPD schrieb. 

Mäurer sei ein beliebter Politiker, jedoch „nicht mehr der richtige Mann zur richtigen Zeit“, analysiert Probst. Als Innensenator habe er in vielen Fragen Stellung bezogen, ähnlich wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). „Beide vertreten Positionen, die innerhalb ihrer Partei nicht immer unbedingt beliebt sind. Sie sagen aber mit einer klaren Sprache, was Sache ist.“

Bei den Koalitionspartnern von Grünen und Linken sei Mäurer damit angeeckt, aber auch in den Reihen der SPD stoße er zunehmend auf Widerstand. „Es gibt eine gewisse Entfremdung“, beobachtet der Politikwissenschaftler.

Bremer SPD wirkt ausgezehrt

Als mögliche Nachfolgerin ist die ehemalige Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), im Gespräch. „Das wäre sicherlich ein Schwergewicht“, meint Probst. „Das zeigt aber auch, wie ausgezehrt die SPD hier in Bremen ist. Da gibt es wirklich weit und breit niemanden auf weiter Flur, der infrage käme, dieses Amt zu besetzen.“

Von einem Linksruck in der Innenpolitik, den die Opposition mit Högl als neuer Senatorin befürchtet, geht der Politikwissenschaftler indes nicht aus. „Sie wird vielleicht im Ton moderater sein. In der Sache, glaube ich, wird sie ähnlich hart sein wie Mäurer.“

Wechsel an der Spitze des Bildungsressorts?

Da sich der Senat mit Mäurers Rücktritt ohnehin im Umbruch befindet, wäre aus Sicht des Politikwissenschaftlers ein weiterer personeller Wechsel naheliegend. „Bovenschulte hat die Freiheit, jetzt zu sagen: Mensch, wir müssen auch in anderen Positionen besser werden“, sagt Probst. „Und er hat jetzt die Chance, noch jemanden von außen reinzuholen, ohne dass es vielleicht zu viel Murren in der eigenen Partei gibt.“

Gerüchten zufolge wird bereits eine Nachfolge für Bremens Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD) ins Spiel gebracht. Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers eine überfällige Entscheidung. „Da muss sich was ändern“, betont Probst. „Je schneller, desto besser.“

Die Person müsse viel Durchsetzungskraft mitbringen - innerhalb des Ressorts, aber auch innerhalb der Schulen. „Das ist schon eine schwere Aufgabe, die traut sich auch nicht jeder zu“, sagt Probst. Denkbar sei, dass ein Mann den Posten übernimmt. Dann wäre der Senat paritätisch besetzt.

Ein längerer Prozess

Der Wechsel im Senat wird eine Weile dauern. Es braucht mehrere Schritte, bis ein neues Mitglied gewählt ist. Der SPD-Landesvorstand kommt regulär am 7. September zur Klausurtagung zusammen und könnte dann über Personalvorschläge beraten. 

Personalien würden inhaltlich gut passen, denn auf dem Parteitag möchte sich die SPD mit der Aufstellung für den zweiten Teil der Legislaturperiode beschäftigen. Neue Gesichter mit frischer Kraft auf zwei herausfordernden Posten könnten ein positives Signal senden. 

Die Delegierten könnten auf dem Parteitag die vorgeschlagenen Kandidatinnen oder Kandidaten nominieren, Senatsmitglied würden sie aber erst nach einer erfolgreichen Wahl durch die Bremische Bürgerschaft. Danach legt der Senat fest, welches Ressort die neuen Mitglieder bekommen. 

Nur wenig Zeit für echte Veränderungen

Doch kommt es überhaupt so weit? Die Gerüchte brodeln, der Bürgermeister schweigt weiter. Die Opposition spricht von einer „ermüdenden Hängepartie mit öffentlichen Spekulationen“ und fordert Klarheit. „Wir fragen uns: Hat Andreas Bovenschulte überhaupt noch die Kontrolle über den Senat?“, teilte CDU-Fraktionsvorsitzende Wiebke Winter mit. 

Bis zur Wahl bliebe den neuen Senatsmitgliedern nicht viel Zeit, um sich einzuarbeiten und zu profilieren. Kann der personelle Wechsel also wirklich ein Neuanfang sein? „Ich bin skeptisch, ob das eine große Wirkung nach außen erzielen wird“, meint Probst. Doch Bovenschulte könnte sich als Krisenmanager profilieren, indem er die Schwachstellen erkennt und angeht. „Für seinen Ruf ist es auf jeden Fall gut. Ob es für die Koalition gut ist, ist eine andere Frage.“