Wissenschaft Wissenschaft: Wurde der «missing link» entdeckt?

Mainz/dpa. - Forscher untersuchten den Fund eingehend - und brachten nach ihrerEinschätzung Sensationelles ans Licht. Die rund 47 Millionen Jahrealte Versteinerung aus der Grube Messel bei Darmstadt ist nicht nurungewöhnlich gut erhalten, sie bietet laut Experten auchbahnbrechende neue Informationen über die Evolution des Menschen - vielleicht ist es sogar ein «missing link» (fehlendesVerbindungsstück) in den Stammbäumen von Affen und Menschen, teiltedas ZDF am Dienstag in Mainz mit.
Der Sender dokumentiert die Geschichte von Ida zusammen mit derenglischen BBC und dem US-amerikanischen History-Channel. Das Fossilist nach der kleinen Tochter des norwegischen Wissenschaftlers JörnHurum benannt. Der etwa 20 Zentimeter große Fund zeigt den Affen-Urahn von der Seite. Arme, Beine und Gebiss sind ebenso wieGewebereste und Mageninhalt gut zu erkennen. Die Grube Messel ist füreinzigartige Fossilien-Funde berühmt, bekannteste von mehrerenhundert dort entdeckten Tier-und Pflanzenarten ist bislang das etwa30 Zentimeter große Urpferdchen.
Das Affen-Fossil wurde laut ZDF bereits vor mehr als 25 Jahren voneinem privaten Sammler entdeckt. Vor rund zwei Jahren ließ derFinder, der anonym bleiben möchte, das Stück über einen Händler aufeiner Hamburger Fossilienbörse anbieten. Durch diesen Mittelsmannwurde Paläontologe Hurum darauf aufmerksam. «Es bestehen keineZweifel an seiner Echtheit», sagt der Experte in derFernsehdokumentation. Um das Fossil für die Forschung zu retten, habeer Geldgeber gesucht und es gekauft. Dann scharrte er ein Teaminternationaler Experten um sich, darunter den deutschen ForscherJens Lorenz Franzen vom Senckenberg-Institut in Frankfurt.
Die Knochen sollen das erste vollständig erhaltene Skelett einerbislang unbekannten Art der Adapoiden sein. Diese ausgestorbeneTiergruppe gilt als Urahn der Lemuren. Das sind Halbaffen, derenVertreter heute auf Madagaskar leben. Die Forscher sehen in demFossil einen «Lemuren-Affen» - ein Wesen, das sowohl Merkmale vonLemuren, als auch von solchen Affenarten vereint, aus denen sichheutige Affen und die Menschen entwickelten.
Die Versteinerung aus Messel mit dem wissenschaftlichen Namen«Darwinius masillae» hat auf den ersten Blick Ähnlichkeit mitLemuren, unter anderem wegen seines schlanken Körperbaus und demlangen Schwanz. Ein großer, den übrigen Fingern gegenüberstehenderDaumen weist darauf hin, dass das Tier gut greifen und kletternkonnte und vermutlich auf Bäumen lebte. Allerdings fehlen dem Fossiltypische Lemuren-Merkmale, wie eine Reihe zusammengewachsener Zähneund die auffällige Putzkralle, ein bestimmter Zeigefingertyp.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der kleine Säuger dagegenbereits einen Sprunggelenksknochen hatte - dieser kommt den Forschernzufolge nur bei Affen vor. Das Tier könnte ein indirekter Verwandterim Evolutionsbaum des Menschen sein. Nach den Worten von Franzen wäreIda zwar «nicht unsere Ur-Ur-Ur-Großmutter, aber vielleicht unsereUr-Ur-Ur-Großtante».
Wissenschaftler Hurum will mit seinem Team sogar herausgefundenhaben, wie der Urzeit-Affe ums Leben kam, obwohl er zumTodeszeitpunkt noch sehr jung war: Eine Verwachsung am Handgelenkweise darauf hin, dass das Tier einen Knochenbruch erlitten hatte.Daher habe Ida nicht mehr so gut klettern können und sei am Bodenumhergelaufen. Wegen der Nähe zu vulkanischen Seen hätten sich dorteventuell giftige Gase angesammelt. Vielleicht beim Trinken sei Idabewusstlos geworden, ins Wasser gefallen und zu Boden gesunken - woihr Skelett in den vergangenen 47 Millionen Jahren zu Stein wurde.
Dokumentation im ZDF: Terra X «Die geheime Entdeckung», 31. Mai 19.30 Uhr