Wissenschaft Wissenschaft: Neues Leben mit den Armen eines Toten

München/dpa. - «DasWichtigste ist, nach Hause zurückzukehren», sagte der 54-Jährige amDienstag. Auf seinem Bauernhof im Allgäu wartet bereits seine Familieauf ihn. Ein Maishäcksler hatte dem Landwirt vor sechs Jahren beideArme abgerissen. In der schweren Zeit nach dem Unfall haben ihm seineFrau und seine zwei Töchter immer wieder Kraft gegeben. Seit derOperation besuchen sie ihn jede Woche im Münchner Klinikum rechts derIsar. Die Ärzte sind zuversichtlich, dass Merk das Krankenhaus invier bis sechs Wochen verlassen kann.
Im Blitzlichtgewitter der Fotografen präsentiert Merk seine neuenArme erstmals der Öffentlichkeit. Bei der Operation Ende Juli waren40 Experten verschiedener Fachrichtungen über 15 Stunden lang imEinsatz, um Merk die von einem Toten stammenden Spenderarme mit Haut,Muskeln, Gefäßen und Knochen zu transplantieren. «Es ist einunvorstellbares Gefühl, nach so langer Zeit wieder Arme zu haben»,sagt Merk. Durch ein speziell konstruiertes Trägergestell für seineArme kann er sich relativ frei bewegen. Einfache Tätigkeiten wieLicht und Fernseher einschalten sind bereits ohne fremde Hilfemöglich.
Der Leiter des Ärzteteams, Christoph Höhnke, äußert sich«verhalten optimistisch», dass Merk seine Bewegungsfähigkeit einesTages zurückgewinnt. Die Nerven wachsen mit einer Geschwindigkeit voneinem Millimeter pro Tag in die neuen Arme. Unterhalb derOperationsnarben spürt Merk schon wieder ein «Kribbeln». Die Ärztewerten die Fortschritte bei der Regeneration der Nerven ebenso alsHoffnungszeichen wie die Tatsache, dass die neuen Arme nichtabgestoßen wurden. Der Transplantationsmediziner Manfred Stangl sagt,der Eingriff sei eine große immunologische Herausforderung gewesen,da sowohl die Haut als auch das Knochenmark zu starkenAbstoßungsreaktionen neigten. «Das Risiko wird nie Null sein, aber eswird mit jedem Tag nach der Operation geringer.»
«Meine Arme gebe ich nicht mehr her», zeigt sich Merkentschlossen. Jeden Tag trainiert er mehrere Stunden mitPhysiotherapeuten und Psychologen. Frühestens in zwei Jahren wirdklar sein, in welchem Umfang er seine Arme tatsächlich benutzen kann.Sein Wunsch ist es, auf seinem Motorrad wieder eine Runde durchseinen bayerischen Heimatort Westerheim zu drehen.