Weißer Ring Weißer Ring: "Ein Einbruch kann Folgen für mehrere Jahre haben"

Was kann ein Einbruch für die Opfer für Folgen habe?
Ein Einbruch kann sehr gravierende Folgen für die Betroffenen haben: Angstzustände, Schlaflosigkeit oder Gereiztheit. Manche geben sich auch eine Teilschuld am Geschehen. Was natürlich fast nie zutrifft. Einbrüche gelten manchmal noch als Kavaliers- oder Bagatelldelikt. Doch er kann auch mehrere Jahre nach der Tat noch Folgen haben und sich erheblich auf die Psyche des Opfers auswirken. Sie sind also bei weitem kein Kavaliersdelikt, sondern sehr ernst zu nehmen! Jeder Fünfte bis Sechste leidet langfristig unter Ängsten und psychosomatischen Belastungsfolgen. Das verloren gegangene Sicherheitsgefühl macht den Menschen sehr zu schaffen, weil die Täter in ihre Privatsphäre eingedrungen sind. Das ist für viele ein Schock, denn in den eigenen vier Wänden fühlt man sich sicher und geborgen.
Wie viele Einbruchsopfer suchen Hilfe beim Weissen Ring?
Im vergangenen Jahr haben 275 Menschen materielle Hilfe von uns erhalten. Im Jahr zuvor waren es 255. Unter materiellen Hilfen verstehen wir beispielsweise die Vermittlung von Hilfeschecks für eine anwaltliche oder psychotraumatologische Erstberatungen oder auch eine Umzugshilfe. Die immateriellen Hilfen werden bei uns statistisch nicht exakt erfasst, sie sind aber bedeutend höher: Unsere ehrenamtlichen Helfer spenden zum Beispiel Trost, leisten Beistand oder begleiten Geschädigte zur Polizei oder zum Gerichtstermin.
Was kann ich als Geschädigter nach einem Einbruch in meiner Wohnung ändern, um mich wieder sicher zu fühlen?
Es hilft vielen Einbruchsopfern, sich darüber Gedanken zu machen, wie man es zukünftig einem Einbrecher möglichst schwer machen kann, zum Beispiel durch Alarmanlagen, Rollläden oder Fenstergitter. Als Verhaltenstipp lässt sich mit auf den Weg geben, darüber nachzudenken, Wertsachen generell nicht nur im Haus aufbewahren, sondern beispielsweise in einem Schließfach bei der Bank.
Wie wichtig ist das soziale Umfeld?
Sehr wichtig. Familie und Freunde sorgen insgesamt für ein höheres Sicherheitsgefühl. Denn wenn es mehrere Orte gibt, an denen ich mich sicher und geborgen fühle, dann verliert die eigene Wohnung an Bedeutung. Und damit kann die Angst vor einem Einbruch sinken.
Ist ein Auszug aus der Wohnung auch eine Option?
Jein. Wenn die Situation so unerträglich für den Betroffenen wird, muss man selbstverständlich einen Umzug ins Auge fassen. Aber man sollte bedenken, dass das subjektive Sicherheitsgefühl auch mitzieht. Auch in der neuen Wohnung können diese Ängste auftauchen und ich kann auch dort wieder Opfer werden. Solche Fälle gab es schon. Wegziehen ist keine Garantie für ein stabiles Sicherheitsgefühl. Untersuchungen besagen übrigens, dass sich jeder achte Betroffene nach einem Einbruch in der eigenen Wohnung nicht mehr sicher fühlt und umziehen möchte.
Was kann die Politik unternehmen, um Opfer besser zu unterstützen?
Der Wohnungseinbruch muss als Tatbestand in das Opferentschädigungsgesetz aufgenommen werden, das Leistungsansprüche der von Straftaten Geschädigten regelt. Bisher wird der Aspekt der psychischen Gewalt dort ausgeklammert. Es ist allerdings Tatsache, dass Opfer von Wohnungseinbrüchen oft behandlungsbedürftig seelische Belastungen erleiden, die sie in ihrem späteren Leben stark einschränken.