Weiberfastnacht Weiberfastnacht: Weiber stürmen pünktlich um 11.11 Uhr die Rathäuser

Köln/Mainz/dpa. - Pünktlich um 11.11 Uhr haben mehr als hunderttausend Narren am Donnerstag die Rathäuser gestürmt und damit die heiße Phase des Straßenkarnevals eingeläutet. In den rheinischen Karnevalshochburgen Köln, Düsseldorf, Bonn-Beuel und Aachen übernahmen wilde «Wiever» und «Möhnen» das Regiment. Auch im Ruhrgebiet, im Sauerland und sogar in Westfalen bliesen die jecke Weiber zum Schlipsalarm. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz waren Konstanz und Mainz Mittelpunkte des närrischen Treibens.
In Nordrhein-Westfalen herrschte bei kaltem, trockenem Wetter fast überall der Ausnahmezustand. In Köln schunkelten sich mehrere zehntausend jecke Clowns, Hexen, Engel, OP-Schwestern und Teufel warm. «Das ist echter Karneval. Das hat Qualität», freute sich eine Meerjungfrau. Für wahre Begeisterungsstürme bei den jecken Damen sorgte eine Gruppe von Schotten, die unter ihren Röckchen nur «natur pur» trugen. Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) erklärte die Stadt für die tollen Tage zur «klüngelfreien Zone».
Auch in Düsseldorf übernahmen die Macht besessenen Weiber das Regiment. Den Stadtvätern drückten sie Kussmünder auf die Wangen und entrissen ihnen den Stadtschlüssel. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD), bekennender Karnevalist, hatte sich als Hippie unter seine Mitarbeiterinnen gewagt - und dabei seinen Schlips eingebüßt. Die Kneipen platzten in der Landeshauptstadt aus allen Nähten. Vor dem Rathaus tanzten tausende Jecke ausgelassen. «Mein Mann hat mir zehn Euro Taschengeld mitgegeben, vor morgen früh gehe ich nicht nach Hause», sagte eine als Teufelin verkleidete Rentnerin.
Im Bonner Stadtteil Beuel, der Wiege der rheinischen Weiberfastnacht, stürmten die legendären Waschweiber das Rathaus, angeführt von Wäscherprinzessin Silvia I. Unter dem Jubel Tausender musste Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) für die tollen Tage ihre Amtsstube räumen. 1824 hatten Wäscherinnen aus Protest gegen ihre unzumutbare Arbeitsbedingungen am Donnerstag vor Karneval ihre Arbeit niedergelegt und die Männer in die Mangel genommen.
Närrisches Treiben herrschte auch auf dem Aachener Marktplatz. Oberbürgermeister Jürgen Linden (SPD) rief den Weibern zu: «Sind das nicht alles schöne Frauen - ein Pfund schöner als das andere.» Bereits am Vorabend hatte Prinz Michel I. das Rathaus im Handstreich erobert. In Baesweiler bei Aachen gab es aber auch Missklänge: Karnevalisten feuerten ihren Prinzen Hubert III., weil dieser bei mehreren Auftritten gefehlt hatte.
In Westfalen wurde bereits am Morgen das erste Opfer der närrischen «Möhnen» gemeldet: Schülerinnen aus der polnischen Partnerstadt Lublin rückten Münsters Bürgermeister Günter Schulze Blasum und seiner Krawatte zuleibe. Auch im Ruhrgebiet bestürmten die Weiber «hohe Tiere». In Unna schob Helmut Scherer - wie bereits seit 47 Jahren - einen Bollerwagen durch die Stadt und setzte damit seine Tradition als Ein-Mann-Korso und kürzester Karnevalszug der Welt fort.
Die Fastnachtshochburg Mainz feierte am Donnerstag erstmals «öffentlich» Weiberfastnacht, die um 11.11 Uhr proklamiert wurde. In Konstanz, wo die schwäbisch-alemannischen Fastnacht gefeiert wird, zogen Musikkapellen und Fanfarenzüge bereits früh am Morgen durch die Straßen. Höhepunkt des Straßenkarnevals sind die Rosenmontagszüge, die allein in Köln, Düsseldorf und Mainz Millionen Menschen anlocken.