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Vorher/Nachher-Projekt #inbestergesellschaft Vorher/Nachher-Projekt #inbestergesellschaft: Make-up statt Rollator - Wenn Marilyn Monroe 87 Jahre alt wäre

Von Kendra Stenzel 13.08.2015, 11:37
Von Lydia Nägele zu Marilyn Monroe
Von Lydia Nägele zu Marilyn Monroe Leypoldt Lizenz

Köln - Die wasserstoffblonden Haare sind zur Perfektion geföhnt, der Katzenaugen-Lidstrich sitzt, das pinke Kleid hängt elegant auf einer Schulter. Auf Facebook sammelt derzeit eine Bildkombination Tausende Likes: Links eine Frau im blauen Kleid mit weißen Tupfen, zaghaftes Lächeln, milder Blick. Daneben die Erscheinung in leuchtender Abendrobe, die an das alte Hollywood erinnert und in die Kamera strahlt. Beides ist Lydia Nägele, 87 Jahre alt, Bewohnerin eines Altenheims.

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Die Fotos stammen aus der Kamera von Toni Leypoldt, Maskenbildner aus München. In seinem Facebook-Post erklärt er, was es mit ihnen auf sich hat: „Ich hab gestern mein Zimmer in einem Altersheim bezogen, denn ich arbeite für einen Kalender, bei dem die Bewohner dieses Altenheimes der „letzten Etappe“ ihres Lebens nochmal entfliehen..“. „In bester Gesellschaft“ heißt das Foto-Projekt der gemeinnützigen GmbH Allgäu Pflege, das zwölf Bewohnern aus vier Seniorenheimen die Chance gibt, sich einmal komplett zu verwandeln – in Marilyn Monroe, Audrey Hepburn, Marlene Dietrich, Hercule Poirot. Leypoldt macht aus den Senioren Filmstars, Fotografin Susanne Mölle fängt das Ergebnis mit der Kamera ein.  

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Zwei bis drei Stunden sitzen die Modelle jeweils in der Maske. Aus grauen Haaren werden dank handgeknüpfter Perücken lange Mähnen, Alltagskleidung wird gegen eigens angepasste Kostüme aus dem Verleih getauscht. Die Bilder werden in ausgewählten Locations gemacht, in einem Kino zum Beispiel oder einer Musikschule. Die Abläufe mögen die gleichen sein, wie bei jedem anderen Shooting, für Leypoldt sind die Emotionen dahinter jedoch etwas ganz Neues. „Da sitzen Menschen, deren Alter Tribut gefordert hat. Aus ihren Gesichtern wieder etwas herauszuholen, das einmal da war, ist ein tolles Gefühl. Man dreht am Rad der Zeit. Mir war vorher nicht klar, wie nah mir das Ganze gehen würde.“

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Ähnlich geht es Verena Fedtke, Mitarbeiterin der Allgäu Pflege und Projektinitiatorin. „Die Menschen, die bei den Shootings mitwirken, sind sonst nur mit Verlusten konfrontiert – Kognition, Mobilität. Wir wollten dem etwas entgegensetzen. Alte Menschen haben kaum eine Lobby, doch so kriegen sie eine Stimme.“ Mit dieser Stimme würden die Heimbewohner auch ausdrücken, was sie vom Projekt halten. Die 87-Jährige Marie Müller, die in Audrey Hepburn verwandelt wurde, zitiert Fedtke mit den Worten: „Oh! Ich musste 87 Jahre warten, um so etwas zu erleben.“

Im Herbst wird ein Kalender mit den Star-Motiven erscheinen. Mit den Einnahmen sollen zunächst die Kosten des Projekts gedeckt werden. Darüber hinaus müssen vier Vernissagen finanziert werden – in allen Senioreneinrichtungen, aus denen Bewohner mitgewirkt haben. Sollte dann noch Geld übrig bleiben, soll es in das nächste Projekt fließen.