Verkehrte Tierwelt Verkehrte Tierwelt: Vogelbalz im Januar - Bären kommen nicht zur Ruhe
Hamburg/dpa. - Klappernde Störche, putzmuntere Bären unddaheimgebliebene Rotkehlchen: Die milden Temperaturen lassen vieleTiere nicht zur Winterruhe kommen und wecken bei einigen sogar ersteFrühlingsgefühle. Manche Vogelarten haben auf ihren Flug in wärmereRegionen verzichtet, wie eine dpa-Umfrage ergab. Experten beobachtendiese Entwicklung mit Sorge: So könnte die Fortpflanzung der Tiere imFrühling leiden oder ein Wintereinbruch für die Tiere zur Fallewerden.
«Die Kraniche sind erst im Januar nach Westen abgezogen, das istdeutlich später als sonst», sagte Ornithologe Jürgen Bosselmann vomNaturschutzbund (NABU) in Rheinland-Pfalz. In anderen TeilenDeutschlands wurden jedoch weiterhin Kraniche gesichtet. AndereZugvögel bleiben wegen des ausbleibenden Frostes gänzlich in hiesigenBreiten: So seien vielerorts Bachstelzen, Feldlerchen ebenso wieRotkehlchen, Eisvögel und Zaunkönige wegen des gutenNahrungsangebotes zu Hause geblieben. Zugleich seien nur wenigeDrosseln und Erlenzeisige eingetroffen - sie fliegen normalerweise imHerbst von Osten her ein.
Bei einigen Tieren haben Experten sogar erste Frühlingsgefühlebeobachtet. «Wir sehen schon den einen oder anderen Storch klappern»,sagte der Leiter des Wildparks Eekholt in Schleswig-Holstein, Wolfvon Schenck. Auch im Tierpark Dessau paaren sich die Störche.Andernorts bauen Vögel bereits Nester: Im Osnabrücker Zoo sind selbstdie afrikanischen Webervögel in Balz-Laune. Sollten die Temperaturenweitere vier Wochen so mild bleiben, dann sei mit einer ersten Brutzu rechnen, sagte Zoodirektor Wolf Everts.
Die Frühlingsgefühle der Tiere im Januar bereiten einigen Expertenjedoch Sorge. Nach Erwartungen des Schweriner Zoos werden die Tieredeshalb im Frühjahr nicht so richtig in Fortpflanzungsstimmungkommen. «Im Frühling wird es nicht ganz so wild zugehen», sagteTierdirektor Mirko Daus. «Die Frösche werden nicht so laut quaken wienach einem ordentlichen Winter.» Und das milde Wetter kann auch fürviele überwinternde Tiere zur Falle werden. «Wenn schlagartig Schneefällt und die Gewässer zufrieren, dann werden vor allem Jungvögel undbrütende Tiere vom Wintereinbruch überrascht und können nicht schnellgenug reagieren», sagte NABU-Experte Krzysztof Wesolowski.
Doch nicht nur Vögel, sondern auch Bären, Igel und Eichhörnchenwerden vom Wetter durcheinander gebracht. So verzichten viele Tiereim Bärenpark Worbis (Thüringen) auf ihre Winterruhe und streifendurchs Gelände. Auch bei den Braunbären im Wildpark Johannismühle imbrandenburgischen Klasdorf ist die Winterruhe bislang ausgefallen.Zwar habe Braunbärin Karla wie üblich Ende Oktober eine Höhlegegraben sowie Moos und Zweige gesammelt, um ihr Winterquartierauszupolstern. Doch in der Höhle sei sie nur selten, sagten dieBetreiber des Wildparks.
Anders geht es dagegen etwa den Murmeltieren im ZoologischenGarten in Berlin. «Die schlafen alle ganz artig in einer Felshöhle»,sagte Zoo-Kurator Ragnar Kühne. «Vor März werden die nichtaufwachen.» Auch die Präriehunde im Berliner Tierpark und die Zieselim Dresdner Zoo schlummern trotz der milden Temperaturen.
Für Mensch und Tier könnte ein milder Winter im Sommer lästigeFolgen haben: «Wenn es weiterhin so warm bleibt, dann plagen uns imkommenden Sommer besonders viele Zecken und Mücken», sagte MarcusBörner von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Und auchBlattläuse, Schnecken und Raupen könnten verstärkt auftreten.