Verdacht auf Organhandel Verdacht auf Organhandel: Viel Geld für eine Niere?
Jena/dpa/MZ/und. - Die Universitätskliniken Jena und Essen stehen unter dem Verdacht des Organhandels. Während es in Essen keine Einschränkungen für Transplantationen gibt, hat der Klinikumsvorstand in Jena Konsequenzen gezogen. Bis die ganze Sache geklärt ist, hat die Uniklinik Professor Johannes Scheele, Direktor der Klinik für Allgemeine und Viszerale Chirurgie, vorerst die Transplantation von Organen von Lebendspendern untersagt.
Der Klinikumsvorstand reagierte damit auf einen Bericht des "Spiegel". Darin wurde über eine ungewöhnliche Nierentransplantation am 6. Dezember 2001 in der Jenaer Universitätschirurgie berichtet. Einem 66 Jahre alten Patienten aus Israel sei die Niere eines 37-jährigen moldawischen Lebendspenders eingepflanzt worden. Leiter der Operation war Scheeles Kollege Christoph Broelsch aus Essen. Da es dort Probleme mit dem Eingriff gab, habe Broelsch ihn nach Jena verlegt. Scheele sei bei der Transplantation dabei gewesen, sagte der Jenaer Universitätssprecher Axel Burchardt.
"Wir müssen nun herausfinden, ob die Kommission getäuscht wurde." Willi Kassenböhmer Staatsanwaltschaft Essen
Der Sohn des inzwischen gestorbenen Patienten behauptete nun, seine Familie habe für das Spenderorgan mehrere hunderttausend Dollar an den Vermittler gezahlt. Die Staatsanwaltschaft Essen überprüft jetzt, ob bei drei Transplantationen am Universitätsklinikum Essen und einer in Jena wirklich Geld geflossen ist. In allen vier Fällen soll es sich um Empfänger aus Israel gehandelt haben, denen Organe osteuropäischer Spender eingesetzt wurden.
"Im Fall einer Lebendspende wird jeder einzelne Fall von einer Ethik-Kommission dahingehend geprüft, ob die Spende mit dem geltenden Transplantationsgesetz vereinbar ist", erklärte der Essener Oberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer gegenüber der MZ. In allen vier Fällen war von Spendern und Empfängern behauptet worden, man sei miteinander verwandt. Aus diesem Grund wurde den Spenden letztendlich zugestimmt (eine Spende wurde in Essen abgelehnt dann aber in Jena genehmigt). Kassenböhmer: "Wir müssen nun herausfinden, ob die Kommission getäuscht wurde." Ermittelt werde derzeit nur gegen den Vermittler sowie gegen Spender und Empfänger der Organe. Es gibt laut Kassenböhmer keine Hinweise darauf, das Ärzte Kenntnis davon hatten, dass bei den Transplantationen Geld geflossen sein könnte.
Das Transplantationsgesetz erlaubt Lebendspenden nur als allerletzte Alternative, wenn eine Organspende nach dem Tod nicht zu verwirklichen ist. Dafür kommen nur Verwandte ersten Grades oder dem Spender offenkundig sehr nahe Personen in Frage. Organhandel ist ein Verstoß gegen das Transplantationsgesetz und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.