Verbraucher Verbraucher: «Mein Konto war komplett leer»

Mainz/ddp. - «Ich wollte zwei Holzlatten kaufenund es damit reparieren», erzählt der 19-jährige Publizistikstudent.Zusätzlich zu den Kosten für die Reparatur seines Bettes ist derStudent jetzt allerdings auch um weitere 615 Euro ärmer. Johnen isteiner der bislang über 100 Betrugsopfer, deren EC-Karten in einemMax-Bahr-Baumarkt in Mainz von Kriminellen ausgespäht wurden.
Unbekannte Täter lasen die Daten der EC-Karten heimlich aus.Anschließend erfolgten Abbuchungen aus dem Ausland von den Konten derGeschädigten. Die Methode, mit der die Täter vorgingen, wird inFachkreisen «Skimming» (abschöpfen) genannt. Dabei bringen die Täterunbemerkt, etwa bei einem Einbruch in das Geschäft, Vorrichtungen anden Kartenlesegeräten an. Die Geheimzahl ermitteln sie vermutlichüber eine Kontaktfolie unter den Tasten. Die «abgeschöpften» Datensendet das manipulierte Gerät direkt an die Täter, die anschließendKartendubletten anfertigen und damit die Abbuchungen vornehmen.
Bei Marius Johnen waren es drei Mal 200 Euro, um die die Täter ihnerleichterten. Hinzu kamen jeweils fünf Euro Gebühren, da das Geld imAusland abgebucht wurde. Insgesamt also 615 Euro. «Ganz schön vielGeld für ein repariertes Bett», findet der Student. Er sei erstmalziemlich erschrocken gewesen, als er die Abbuchungen bemerkte. «MeinKonto war komplett leer.» Im Internet erfuhr er dann von demBetrugsfall und informierte die Bank, um seine Karte sperren zulassen.
Der Fall, zu dessen Opfern Johnen zählt, beschäftigt mittlerweiledie Frankfurter Staatsanwaltschaft und das Bundeskriminalamt. DieErmittler prüfen einen möglichen Zusammenhang mit einem ähnlichenVorgang, der sich im November 2007 im nicht weit entferntenhessischen Hofheim (Main-Taunus-Kreis) ereignet hatte. Dort warenTäter in einen Baumarkt eingebrochen und hatten eine Kassemanipuliert. Insgesamt meldeten sich 560 Geschädigte, von derenKonten in Spanien, Italien und Rumänien Abbuchungen vorgenommenwurden. Es entstand ein Gesamtschaden von rund 850 000 Euro.
Wie viele Geschädigte es in Mainz insgesamt sind, kann dieStaatsanwaltschaft Frankfurt derzeit noch nicht sagen. Auch derGesamtbetrag der Abbuchungen ist noch nicht bekannt. «Wir stehen nochganz am Anfang der Ermittlungen», sagt die Sprecherin der FrankfurterStaatsanwaltschaft, Doris Möller-Scheu. Klar ist lediglich, dass nuran einer von insgesamt acht Kassen im Baumarkt das Kartenlesegerätmanipuliert wurde - und dass die Täter ziemlich professionellvorgingen.
«Wir waren betroffen, mit welcher kriminellen Energie da zur Tatgeschritten wurde«, sagt auch der Sprecher der Praktiker-Gruppe,Harald Günter, zu der die Max-Bahr-Baumärkte gehören. SeinUnternehmen werde nun alles tun, damit derartige Manipulationen inZukunft ausgeschlossen werden könnten. Wie das genau aussehen könnte,will er allerdings nicht verraten.
Dass sich die Verbraucher kaum gegen einen solchen«Skimming-Betrug» wehren können, weiß Sylvia Beckerle, Referentin fürFinanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale inRheinland-Pfalz. Sie rät zu einem sinnvollen Einsatz der EC-Karte.»Man muss ja nicht jeden Kleinbetrag damit zahlen.« Auch dieregelmäßige Kontrolle des Kontos sei wichtig. »Das sind alles kleineSachen, die eine große Wirkung haben«, sagt Beckerle. Die Bankenwürden bei einem Fall wie in Mainz meist sehr verbraucherfreundlichreagieren und das Geld aus Kulanz erstatten.
Auch Marius Johnen wird sein Geld wohl zurückbekommen. Seine Bankwill ihm die 615 Euro in den nächsten Wochen auf sein Kontoüberweisen. »Für mich persönlich war es also am Ende nicht soschlimm", bilanziert der 19-Jährige. Nur die acht Euro für seine neueEC-Karte muss er bezahlen. Die Karte will er weiter einsetzen -allerdings etwas vorsichtiger, wie er sagt.