USA USA: Hurrikan «Charley» verwüstet zahlreiche Orte in Florida

Miami/Washington/dpa. - US-Präsident George W. Bush reiste am Sonntag insKatastrophengebiet und verschaffte sich an der Seite seines Bruders,Floridas Gouverneur Jeb Bush, per Helikopter ein Bild von der Lage.Vor Journalisten äußerte er tiefe Betroffenheit angesichts desAusmaßes der Katastrophe und erklärte, umfassende Bundeshilfe seibereits auf dem Weg. Zugleich wies Bush Vorwürfe zurück, er wolle mitseinem raschen Florida-Besuch politisches Kapital aus der Tragödieschlagen. Am 2. November finden in den USA Präsidentschaftswahlenstatt, und Florida gehört zu den am heißesten umkämpften Staaten.
Im Atlantik braute sich unterdessen mögliches neues Unheilzusammen. Neben Hurrikan «Danielle» formierte sich Tropensturm«Earl», der sich bisher auf einem ähnlichen Kurs wie seinerzeit«Charley» befindet und als Hurrikan gegen Ende der Woche im Golf vonMexiko eintreffen könnte, wenn er seine Route beibehält. «Danielle»schlägt dagegen nach Angaben von Meteorologen einen für die USAungefährlichen Kurs ein.
In Florida waren die Aufräumarbeiten in vollem Gange. GouverneurJeb Bush rief rund 5000 Nationalgardisten zur Hilfe. Turnhallen undGemeindezentren wurden zu Obdachlosenasylen umfunktioniert. Inmindestens drei Städten gab es am Sonntag kein fließendes Wasser.Vertreter der Bundesbehörde für Katastrophenmanagement riefen dazuauf, nur abgekochtes Wasser zu trinken. Über 1,5 Millionen Menschenwaren weiter ohne Strom.
Zivilschützer beschrieben «Charley» als den schlimmstenWirbelsturm seit Hurrikan «Andrew», der im August 1992 in Louisianaund Florida Schäden von schätzungsweise 30 Milliarden Dollarangerichtet und über 40 Menschenleben gekostet hatte.
Im Bezirk Charlotte und insgesamt in der Region von Fort Myers wardie Lage am dramatischsten. Hier war «Charley» mitWindgeschwindigkeiten von über 230 Stundenkilometern alszweitstärkster Hurrikan der Kategorie 4 am Freitagnachmittag(Ortszeit) auf das Land geprallt. Vor allem die rund 14 000 Einwohnerzählende Kleinstadt Punta Gorda wurde mit voller Wucht getroffen.Hier wurden mehrere große Wohnmobil-Siedlungen, in denenhauptsächlich Senioren lebten, dem Erdboden gleichgemacht. In derTrümmerwüste suchten Rettungsmannschaften am Sonntag weiter nachÜberlebenden.
Allein in der Region von Fort Myers, wo auch viele Deutsche leben,wurden nach Schätzungen 250 000 Gebäude beschädigt oder zerstört. DerSturm traf das Gebiet überraschend und nur bei kurzer Vorwarnung:Ursprünglich hatte «Charley» die 100 Kilometer nördlich gelegeneRegion von Tampa und St. Petersburg angesteuert, dann aber nur dreiStunden vor der Ankunft an Land seinen Kurs geändert.
Nach Polizeiangaben wurden mehrere der Toten in Charlotte Countygeborgen, die anderen in verschiedenen Gebieten entlang der Route desHurrikans. Nicht alle Todesfälle seien auf Wind oder hohen Wellengangzurückzuführen, sondern mehrere auf Autounfälle und auf Stress, hießes weiter. Dem Auswärtigen Amt in Berlin lagen nach eigenen Angabenam Sonntag zunächst keine Hinweise auf deutsche Opfer vor. DasGeneralkonsulat in Miami sei eingeschaltet. BundesaußenministerJoschka Fischer (Grüne) äußerte sich in einem Schreiben an seinen US-Kollegen Colin Powell erschüttert über das Ausmaß der Katastrophe.Viele Deutsche hätten Florida als Touristen und Bewohner liebengelernt.
«Charley» hatte sich nach dem Eintreffen an Land zunächstnordwärts die Küste am Golf von Mexiko entlang bewegt und dann eineSchneise der Verwüstung quer durch den Staat geschlagen. Soentstanden auch Schäden in und um Orlando mit seinen zahlreichenVergnügungsparks. Der Hurrikan drehte dann auf das Meer ab underreichte am Samstagmittag in North Carolina zum zweiten Mal dasLand. Inzwischen zum tropischen Sturm herabgestuft und damit deutlichabgeschwächt, richtete er in North Carolina im Vergleich zu Floridarelativ geringe Schäden an. Am Sonntag befand sich «Charley» mitweiter nachlassender Energie in Neuengland.
Wirtschaftsanalysten erklärten, die Gesamtschäden in Floridakönnten sehr wohl mehr als 20 Milliarden Dollar (rund 16,2 MilliardenEuro) betragen. Selten zuvor sei ein Hurrikan mit andauernder Stärkedurch ein derart großes Gebiet gerast, zitierte die «New York Times»Karen Clark von AIR Worldwide, einer Bostoner Firma fürSchadensschätzung.


