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USA USA: Für übergewichtige Verstorbene gibt es Särge in XXL

08.07.2005, 07:25
Eine übergewichtige Amerikanerin mit einem T-Shirt «Girl Power» sitzt auf einer Bank. (Archivfoto: dpa)
Eine übergewichtige Amerikanerin mit einem T-Shirt «Girl Power» sitzt auf einer Bank. (Archivfoto: dpa) dpa-Zentralbild

Washington/dpa. - Immer mehr US-Unternehmen bieten XXL-Produkte an - denn dieKundschaft wächst jedes Jahr. Schon fast zwei Drittel der US-Bürgergelten als übergewichtig, rund 60 Millionen Erwachsene leiden nachSchätzungen der Gesundheitsbehörden gar unter Fettleibigkeit. DieGründe sind bekannt: Zu viel Kalorienbomben aus der Fast-Food-Kücheund zu wenig Bewegung. Doch trotz groß angelegterAufklärungskampagnen des US-Gesundheitsministeriums erwartenExperten keine Trendwende.

Eine Entwicklung, die dem Unternehmer Bill Fabrey weitere Kundenbescheren könnte. Seit Fabrey 1988 Amplestuff gründete, ist derUmsatz seines Betriebes in Bearsville (US-Bundesstaat New York)jährlich um rund 20 Prozent gestiegen. Etwa 100 000 Dicke hat Fabreynun in seiner Kundenkartei. «Wir bieten Produkte an, die wir Dickejahrelang vergeblich suchten», sagt Fabrey, der bei einerKörpergröße von 1,75 Metern und einem Gewicht von über 100 Kiloselbst recht füllig ist.

Kunden können bei dem gelernten Elektroingenieur XXL-Regenschirme, riesige Badehandtücher oder übergroße Kleiderbügelbestellen. Für extrem Fettleibige hat Fabrey auch andere Produkte imAngebot, die ein Leben mit sehr vielen zusätzlichen Pfunden leichtermachen sollen. Ein Mini-Lenkrad können Dicke in ihr Auto einbauen,falls sie denn nicht mehr hinters Standard-Steuer passen sollten. Umleichter aus dem Gefährt aussteigen zu können, gibt es den «LegLifter», eine blaue Stoffschlinge zum Anheben des Beines. Und derabsolute Verkaufsschlager ist der «Ample-Sponge», ein Schwamm aneinem langen Plastikstab, den Fettleibige zum Waschen schwererreichbarer Körperteile benutzen können.

Kritiker von XXL-Unternehmen sagen, solche Produkte schaden eherals dass sie helfen, denn sie animieren nicht zum Gewichtsverlust.«Manche Übergewichte werden denken: Na ja, es ist ja nicht soschlimm, dicker zu sein, wenn die Stühle ab jetzt etwas breitergebaut werden», sagte Medizinprofessor Arthur Caplan von derPennsylvania University der Tageszeitung «Pittsburgh Post-Gazette».Doch laut Fabrey haben Fettleibige weiterhin genügend Anreize,überschüssige Pfunde loszuwerden: «Als dicker Mensch wird manhunderte Male pro Tag daran erinnert, dass man nicht normal ist. UndAmplestuff kann dir weder einen Freund besorgen noch einen Jobbeschaffen.»

Paul Santos, Autor des Buches «Mythos Fettleibigkeit», findet,dass die Industrie Übergewichtige noch immer zu wenig beachtet. «Esgibt kaum modische Kleidung für dickere Frauen. Da herrscht eineriesige Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage.» Laut Santoswollen sich US-Modefirmen aber nur ungern mit XXL-Kleidung inVerbindung bringen, denn das sei schlecht fürs Image.

Nancy Ledoux aus Reston im US-Bundesstaat Virginia bringt rund200 Kilo auf die Waage. «Ich habe mein ganzes Leben lang versuchtabzunehmen. Ich war zur Diät schon im Krankenhaus. Nichts hatgeholfen.» Ledoux ist froh, dass Produkte wie der Ample-Sponge ihrLeben angenehmer gestalten. Auch weil sie überzeugt ist, dass mehrXXL-Artikel die gesellschaftliche Akzeptanz der Dicken erhöht: «Jemehr dieser Produkte in die Regale kommen, desto schneller wirdDicksein als normales Phänomen akzeptiert.»