Urteil Urteil: «Sauerland»-Terrorhelfer verurteilt

Frankfurt/Main/ddp. - Der 28-jährige Deutsch-Afghane Omid S. muss zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis, der gleichaltrige Türke Hüseyin Ö. ein Jahr und zwei Monate. Das Gericht hält beide Männer für schuldig, 2006 und 2007 die usbekische Islamische Dschihad-Union (IJU) unterstützt und dabei mit der zurzeit in Düsseldorf angeklagten Sauerland-Gruppe kooperiert zu haben. Das Urteil liegt deutlich unter den Strafanträgen der Bundesanwaltschaft.
S. lebte bis zu seiner Verhaftung 2008 in Dietzenbach (LandkreisOffenbach). Auch Ö. wurde 2008 inhaftiert und wohnte zuvor imsüdhessischen Langen. Beiden Männern habe das Gericht ihre«umfassenden, glaubhaften Geständnisse» strafmildernd angerechnet,sagte der Vorsitzende Richter, Karlheinz Zeiher, in derUrteilsbegründung. S. und Ö. hatten im Verfahren auch bekannt, in Abstimmung mit dem führenden Mitglied der Sauerland-Gruppe Adem Y. Ausrüstungsgegenstände für die IJU besorgt zu haben.
Treffpunkt aller Beteiligten im Frühjahr 2007 war der Kleingartenvon Y. in Langen. Beide in Frankfurt Verurteilten beschafften indieser Zeit unter anderem Nachtsichtgeräte und Zielfernrohre, um sieder IJU zu überbringen. S. schilderte dem Gericht, wie er im Juni2007 dann über Afghanistan die pakistanische Waziristan-Regionerreichte. Im Ausbildungslager der IJU hätten die Dschihad-Kämpferseine mangelnde Fitness und fehlenden Kochkünste bemängelt. Nach zehnTagen sei er wieder abgereist, ohne den geforderten Treuschwurabzulegen, berichtete S.
Richter Zeiher bezeichnete am Dienstag diese Schilderungen als«nachprüfbar». Sie seien von einem weiteren Dschihadisten, der imtürkischen Istanbul 2009 konsularisch vernommen wurde, bestätigtworden. Der ursprüngliche Vorwurf der Bundesanwaltschaft, S. seiIJU-Mitglied gewesen, habe sich als unhaltbar erwiesen, sagte Zeiher.Die Anklage hatte für S. dreieinhalb Jahre Haft verlangt, das Urteilblieb neun Monate unter dieser Forderung.
Ö. war 2007 ebenfalls Richtung Waziristan aufgebrochen. Wie er vorGericht schilderte, verhaftete ihn jedoch pakistanisches Militär undarrestierte ihn drei Monate lang. In verschiedenen Gefängnissen seier mehrfach - «auch vom CIA» - gefoltert worden. Ö. kehrte dann nachDeutschland zurück. Bei ihm nahm die Anklage keine Mitgliedschaft inder IJU an, aber ihre Unterstützung. Die Strafforderung derBundesanwaltschaft von zweieinhalb Jahren Haft unterschritt dasGericht mit seinem Urteil um 15 Monate.
Ö.s Verteidiger hatte für seinen Mandanten eineinhalb Jahre Haftbeantragt, für S. forderte dessen Anwalt zweieinhalb Jahre. BeideMänner verurteilte das Gericht nun wegen «Unterstützung einerausländischen terroristischen Vereinigung » - und auch wegenSozialbetrugs. Vor ihrem Aufbruch ins Terrorcamp hatten S. und Ö.noch Hartz-IV-Gelder beantragt, die ihnen in Höhe von insgesamt unter1000 Euro auch überwiesen wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatten beidebereits Adem Y. Verfügungsgewalt über ihre Konten eingeräumt.
2008 wurden S. und Ö. in Deutschland verhaftet. Sie warenaufgebrochen, um im Dschihad «die höchste Stufe im Paradies bei 72Jungfrauen zu erreichen», kommentierte Richter Zeiher am Dienstag.Beide sollten sich freuen, dass sie letztlich vor demOberlandesgericht gelandet und nicht im Kampf gestorben seien. Siehätten nach allem nun eine «günstige Sozialprognose». Das Urteil istnoch nicht rechtskräftig.