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Urteil Urteil: Bewährungsstrafe und Geldbuße für falsche Kinderärztin

19.11.2008, 14:58
Die Angeklagte Cornelia E. betritt den Gerichtssaal im Landgericht Hamburg. Jahrelang soll sie Patienten in einer Hamburger Kinderklinik behandelt haben, ohne ihre Arztausbildung abgeschlossen zu haben. (FOTO: DPA)
Die Angeklagte Cornelia E. betritt den Gerichtssaal im Landgericht Hamburg. Jahrelang soll sie Patienten in einer Hamburger Kinderklinik behandelt haben, ohne ihre Arztausbildung abgeschlossen zu haben. (FOTO: DPA) dpa

Hamburg/dpa. - Sie hatte keinen Abschluss in der Tasche,praktizierte aber trotzdem erfolgreich als Kinderärztin: EinAmtsgericht in Hamburg hat eine 34 Jahre alte falsche Medizinerin amMittwoch wegen Urkundenfälschung, Missbrauchs von Berufsbezeichnungensowie Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahrenverurteilt. Zudem muss sie eine Geldbuße von 3600 Euro angemeinnützige Einrichtungen zahlen. Die Angeklagte habe sich überGesetze hinweggesetzt, um ihren «Lebenstraum» zu verwirklichen, sagtedie Richterin. Sie folgte damit den Anträgen von Staatsanwaltschaftund Verteidigung.

Die Frau war während des Medizinstudiums durch eineZwischenprüfung gefallen und konnte ihre Ausbildung deshalb nichtbeenden. Trotzdem bewarb sie sich 2003 mit gefälschtenAbschlusszeugnissen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)als Ärztin im Praktikum und ein Jahr später als Assistenzärztin. Siearbeitete dort, bis sie im August 2007 entlarvt wurde. Der Betrugflog auf, als die Hamburger Ärztekammer auf die Vorlage der Originalebestand. Die Frau zeigte sich daraufhin selbst an und legte gegenüberKlinik und Staatsanwaltschaft ein Geständnis ab.

Sie habe aus familiärem Leistungsdruck und aus Liebe zum Arztberufgehandelt, sagte die 34-Jährige vor Gericht. Nach dem Scheitern ihresStudiums habe sie nicht die Kraft gehabt, sich Verwandten oderFreunden zu offenbaren. Später habe sie sich immer weiter in eine«Welt der Selbsttäuschung» verstrickt, weil sie als Ärztin«glücklich» gewesen sei und den Gedanken an die Folgen verdrängthabe. «Es war ein großer, ein sehr schwerer Fehler.»

Ihre Vorgesetzten schätzten das Fachwissen der 34-Jährigen sehr,Behandlungsfehler machte sie laut einem offiziellenUntersuchungsbericht nicht. «Sie hat gute Arbeit geleistet», sagteihr früherer Chef als Zeuge vor Gericht. Ihre wissenschaftlichenArbeiten wurden mit Preisen ausgezeichnet. Eine Gefährdung vonPatienten schloss die Klinik nach der Aufdeckung des Skandals aus.Die 34-Jährige habe stets unter Aufsicht von Fach- und Oberärztenpraktiziert, sagte der Ärztliche Direktor.

Die Staatsanwältin bezeichnete das Verhalten der Angeklagten als«einen vom Persönlichen her tragischen Fall». Aber sie habe sichvielfach strafbar gemacht, indem sie sich unberechtigterweise alsÄrztin ausgegeben habe. Damit habe sie einen «Vertrauensschaden» beiden kranken Kindern und deren Angehörigen verursacht - auch wenn siefür ihre Arbeit offensichtlich auch ohne bestandene Abschlussprüfunghinreichend qualifiziert gewesen sei. «Letztlich müssen sich diePatienten und die Eltern von Patienten darauf verlassen können, dassder Arzt auch ein Arzt ist», sagte die Anklagevertreterin.

Die 34-Jährige habe sich ihr eigenes Versagen nicht eingestehenwollen, betonte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Auseigennützigen Gründen habe sie daher «etwas getan, was ihr nichtzusteht». Auch die Richterin sprach von einem schweren«Vertrauensbruch» gegenüber Patienten und Kollegen. Dass dieAngeklagte fachlich und menschlich gute Arbeit geleistet habe, macheden Fall zwar «außergewöhnlich». Sie habe sich mit den Fälschungenund der damit erschlichenen Beschäftigung am UKE aber dennochschuldig gemacht.