Suizidversuch als Ursache? Uni-Klinik Bergmannsheil: Suizidversuch als Ursache: Patientin legte offenbar das Feuer

Bochum - Die automatischen Feuermelder im Bettenhaus der Universitätsklinik Bergmannsheil in Bochum lösen um 2.35 Uhr Alarm aus, sechs Minuten später sind die ersten Feuerwehrleute da – „und von der Intensität der Flammenentwicklung überrascht“, wie es der Bochumer Feuerwehrsprecher Kurt Chlench am späten Freitagvormittag sagen wird.
Was er da noch nicht weiß: Die Skepsis war berechtigt. Denn am späten Nachmittag teilt die Polizei mit, der Brand könnte von einer Patientin gelegt worden sein. „Suizidale Absichten sind nicht auszuschließen“, so die Ermittler. Im Zimmer der 69 Jahre alten Frau war das Feuer entfacht worden, sie war in den Flammen ums Leben gekommen. Der zweite Tote, ein Patient aus dem Nachbarzimmer, war 41 Jahre alte und stammt aus Marl.
Mindestens 16 Patienten schwer verletzt, zwei Menschen sterben
Als die Wehr mitten in der Nacht eintrifft, brennt es lichterloh im Dachgeschoss des 1987 eröffneten Bettenhauses, einige Menschen sind auf die Balkons gestürmt und rufen verzweifelt um Hilfe. Es wird dem Personal und den Feuerwehrleuten gelingen, die meisten Patienten des Hauses in Sicherheit zu bringen, Dutzende von ihnen müssen all die Stockwerke hinab durch den Rauch getragen werden – Lifte zu benutzen ist nicht erlaubt. Am Ende werden 100 Patienten vorzeitig entlassen, 80 innerhalb des Krankenhauses, das aus mehrere Gebäudetrakten besteht, verlegt.
Zu den Geretteten gehört nach Angaben von Klinikchef Thomas Schildhauer auch ein Patient, der sich mit zusammengeknoteten Laken abseilen wollte. Nach 45 Minuten ist das Gebäude evakuiert. Pflegekräfte, Ärzte, Polizisten haben „beherzt an allen Ecken und Enden mitgeholfen, 126 Leute in sichere Bereiche zu bringen“, berichtet der Einsatzleiter. Mindestens 16 Patienten werden schwer verletzt, vier von ihnen schweben in Lebensgefahr und werden in Spezialkliniken gebracht.
Zur Schadenshöhe machen Feuerwehr, Stadt und Klinik zunächst keine Angaben. Das Dach des Klinikgebäudes jedenfalls ist komplett zerstört. Wegen der enormen Hitze des Feuers schmolzen Fenster und Möbel.
Wie geht die Feuerwehr in Extremsituationen wie diesen vor?
Für eine solche Notlage existierten „festgelegte Pläne, die immer wieder geübt werden“, berichtet unterdessen der Klinikdirektor. Vor eineinhalb Jahren habe es eine sehr große Übung mit der Simulation einer ähnlichen Lage gegeben. Die Frage nach der Ursache des Unglücks bleibt zunächst offen. Es dauert Stunden, bis die Feuerwehrleute auch das letzte Brandnest gelöscht haben. Die Zinkblechverkleidung der Dachkonstruktion erschwert die Arbeiten.
Die Tatsache, dass sich die Flammen so schnell ausbreiten konnten, irritierte die Einsatzkräfte allerdings schon früh. Ein Schwelbrand etwa, ausgelöst durch ein verschmortes Kabel oder ein Feuer, das von einer Zigarette verursacht wird, entwickelt sich eher langsam. Die Experten der Kriminalpolizei seien „dran“, heißt es am Mittag, einige Stunden später äußern sie ihre überraschende Hypothese von einer Patientin als mutmaßlicher Brandstifterin.
Ralf Jäger besucht den Unglücksort
Am Nachmittag sind die letzten Brandnester gelöscht. Am Bürgertelefon, das am frühen Morgen eingerichtet wird, wie auch unter den Rufnummern, unter denen sich Angehörige von Patienten erkundigen konnten, ist es wieder ruhiger geworden. In den Operationssälen wird operiert, die Notaufnahme hat ihren Betrieb wieder aufgenommen. Was die Verpflegung angeht, muss das Krakenhaus, dessen Ursprünge auf „die erste Unfallklinik der Welt zurückgehen“ (so der Klinik-Pressesprecher) improvisieren: Die Küche im Bettenhaus steht „unter Wasser“. Umliegende Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen helfen mit Verpflegung für die Patienten aus.
„Wir sind ja viele Sirenen gewöhnt, aber heute Nacht, das war etwas ganz anderes“, sagte ein Anwohner. Das Unglück löste nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft tiefe Betroffenheit aus. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger machte sich schon am frühen Morgen mit Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch ein Bild von der Lage, am Nachmittag kamen auch NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens und Wissenschaftsministerin Svenja Schulze nach Bochum.