Unglück Unglück: «Kokelei» löste Brand in Berlin-Moabit aus

Berlin/dpa. - Dies teilte Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Dalheimeram Dienstag in Berlin mit. Der Schüler ist traumatisiert und wirdpsychologisch betreut. Auch Angehörige seiner aus Polen stammendenFamilie starben bei dem Wohnhausbrand, einem der folgenschwersten inder deutschen Nachkriegsgeschichte. Gegen die Mutter wird nach denWorten Dalheimers ein Verfahren wegen Verletzung der Aufsichtspflichteingeleitet.
Der Junge hat den Ermittlungen zufolge in der Nähe von im Hausflurabgestellten Kinderwagen mit Papier gekokelt. Als die Kinderwagen inden Mietshaus Feuer fingen, versuchte das Kind vergeblich, den Brandzu löschen. Sein 9 Jahre alter Bruder sei zu dieser Zeithinzugekommen. Beide Kinder rannten dann laut Staatsanwaltschaft inden Hinterhof des Mietshauses und informierten ihre Mutter, die dieFeuerwehr rief. Die Brüder, die im nicht vom Feuer betroffenenHinterhaus lebten, sind jetzt bei Verwandten untergebracht. Daszuständige Jugendamt ist eingeschaltet.
Indizien führten schnell auf die Spur der Kinder. Die Brüder undihre Mutter gaben jedoch zunächst an, während der Tatzeit geschlafenzu haben. Die Mutter blieb den Ermittlern zufolge bei ihrer Versionund will den Angaben ihrer Kinder nicht glauben. Der 12-Jährige seischon früher beim Kokeln ertappt worden, berichtete Michael Havemann,Leiter des Branddezernats im Landeskriminalamt. Am Montag habe derJunge bei einer Befragung die Tat gestanden. «Das Kind ist in einemAlter, in dem Feuer einfach interessant und spannend ist», sagteHavemann.
Neun aus Polen, dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina stammendeMenschen starben bei dem Feuer in der Nacht vom 8. auf den 9. August.Unter ihnen waren vier Kinder und eine Jugendliche. 14 Menschenerlitten schwere Verletzungen. Nach dem Feuer waren die Ermittlersofort von Brandstiftung ausgegangen. Die Polizei machte die zweiverkohlten Kinderwagen schnell als Brandherd aus. Von den Wagenbreitete sich das Feuer über das hölzerne Treppengeländer sehrschnell in die oberen Stockwerke aus.
Nach Einschätzung der Feuerwehr hätte es vermutlich keine Totengegeben, wenn alle Mieter die Anweisungen befolgt und in ihrenWohnungen auf ihre Rettung gewartet hätten. Stattdessen hatten einigeMieter versucht, sich durch den verqualmten Hausflur in Sicherheit zubringen. Dieser wurde für sie zur Todesfalle.
Feuerwehrchef Albrecht Broemme hatte zunächst mangelnde deutscheSprachkenntnisse der ausländischen Hausbewohner für die hoheOpferzahl mitverantwortlich gemacht. Später war er davon abgerücktund hatte von Kommunikationsproblemen gesprochen, die vor allem einerPaniksituation geschuldet seien. Anwohner hatten kritisiert, es habezu wenige Anweisungen durch die Feuerwehr gegeben.
Insgesamt 2800 Brände hat das Landeskriminalamt Berlin imvergangenen Jahr bearbeitet. In 39 Fällen von Brandstiftung wurdenKinder bis 14 Jahre als Täter ermittelt, teilte dieGenerstaatsanwaltschaft mit. «Die Fallzahlen - auch beiTreppenhausbränden - sind seit zwei Jahren rückläufig.»

