Und jährlich grüßt das Murmeltier Und jährlich grüßt das Murmeltier: Was Deutsche mit der Tradition um Phil zu tun haben

Punxsutawney - Schon die Fahrt nach Punxsutawney hat etwas von „Groundhog Day“, von „Murmeltier-Tag“. Einsame Straßen in hügeliger Landschaft, durch die Luft schwirrende Schneeflocken, Bauernhöfe mit roten Scheunen und hohen Silos, stoppelige Maisfelder - und hinter dem nächsten Hügel alles wieder von vorne, ähnlich wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“, dem Erfolgsfilm aus dem Jahr 1993, in dem Wetteransager Bill Murray denselben Tag immer wieder neu erlebt.
Und dann grüßt das Murmeltier wirklich - und zwar von allen Seiten. „Willkommen in Punxsutawney, der Wetter-Hauptstadt der Welt“, heißt es schon auf dem Ortsschild. Comicartig gezeichnete Murmeltiere mit zwei großen Vorderzähnen grüßen von vielen Wänden, Murmeltier-Statuen stehen vor fast jedem Geschäft und jeder Behörde, verkleidet als Briefträger, Feuerwehrmann oder Freiheitsstatue. Die Kleinstadt mit rund 6.000 Einwohnern ist „Heimat des berühmten Murmeltiers“.
Spektakel seit 1887
„Dieses Murmeltier hat uns einen Platz auf der Landkarte beschert“, sagt John Griffiths. „Es gibt so viele kleine Städtchen hier im Westen von Pennsylvania, die niemand kennt. Aber uns kennt man auf der ganzen Welt.“ Griffiths arbeitet eigentlich in der Erdgas-Industrie, seit rund 13 Jahren ist der 59-Jährige aber vor allem Herrchen von Phil, dem Waldmurmeltier.
Auch am diesjährigen „Groundhog Day“ an diesem Sonntag müssen er und sein Co-Herrchen A.J. Dereume dafür sorgen, dass Phil frühmorgens fit und munter auf einen auf einer Holzbühne aufgebauten Baumstumpf kommt und seine Wetter-Prognose abgibt: Sieht Phil seinen Schatten, dann gibt es einen frühen Frühling. Sieht er ihn nicht, dauert der Winter noch weitere sechs Wochen an.
1887 wurde das Wetter-Spektakel erstmals am Gobbler’s Knob, einem Waldstück außerhalb von Punxsutawney, gefeiert. Die Tradition geht angeblich auf deutsche und niederländische Einwanderer zurück und wird inzwischen auch an Dutzenden anderen Orten in den USA begangen. Punxsutawney hat sich - auch dank des erfolgreichen Hollywood-Films, der dort spielt, aber im Bundesstaat Illinois gedreht wurde - als Zentrum des Murmeltier-Spektakels etabliert. Inzwischen kommen bis zu 30.000 Zuschauer dafür in die Kleinstadt. Tausende weitere Menschen verfolgen den Auftritt per Fernseher oder Livestream.
Die Anziehungskraft reiche weit über den „Groundhog Day“ hinaus, sagt Ron Ploucha, der früher auch einmal als Herrchen von Phil im Einsatz war und immer noch Mitglied des Groundhog Clubs ist, des wohl wichtigsten Vereins im Ort. „An 365 Tagen im Jahr haben wir hier Touristen. Sie kommen aus der ganzen Welt.“ Auch Phil ist nicht nur am Murmeltier-Tag selbst im Einsatz. „Wir nehmen ihn mit zu Messen und in Schulen, und er war auch schon Star-Gast bei Baseball-Spielen“, erzählt Ploucha, 70 Jahre alt und Lehrer im Ruhestand.
Wenn das viel beschäftigte Murmeltier mal frei hat, lebt es in einem Gehege im Zentrum von Punxsutawney direkt neben der Stadtbücherei, gemeinsam mit seiner Partnerin Phyllis. Beide schlafen dann viel - Winterschlaf halten sie im Gehege anders als ihre Murmeltier-Kollegen im Wald allerdings keinen.
Alter ist Tabuthema
„Phil’s Burrow“ (Phils Bau) steht auf der grünen Markise über einer halbrunden Glasscheibe, durch die Besucher die Murmeltiere beobachten können. Angefasst werden dürfen sie nur von den beiden Herrchen, die sie auch füttern. Phils Lieblingsessen sind übrigens Bananen. „Das ist einfach ein Vollzeitjob“, sagt Herrchen Griffiths. „Ich kann ihn auf den Arm nehmen und halten und dann liegt er da meistens ganz ruhig in meinem Arm. Er fühlt sich dann an wie eine große, schwere Plastiktüte voll Wasser, weil sein Körper fast nur aus Fett besteht. Ihn hochzunehmen bleibt allerdings schwierig, denn er ist und bleibt ein wildes Tier.“
Phils Alter ist Tabu-Thema. Eigentlich werden Waldmurmeltiere nur etwa zehn Jahre alt. Phil aber bekomme jedes Jahr ein spezielles Elixier zu trinken, das sein Leben verlängere, sagen die Mitglieder des Groundhog Clubs und zwinkern verschwörerisch.