Marineschiffbau U-Boot-Boom lässt TKMS wachsen – neue Jobs in Wismar
Milliarden-Aufträge, Gespräche mit der Nachbarwerft, Drohnen über dem Gelände: TKMS wächst rasant und setzt auf U-Boote made in Germany. Was steckt hinter dem Boom?

Kiel - Die Nachfrage nach konventionellen U-Booten sorgt für einen Auftragsbestand in Rekordhöhe bei Deutschlands größtem Marineschiffbauer TKMS. Die Werftengruppe hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024/25 wichtige Kennzahlen gesteigert. „Wir haben ein weiteres Rekordjahr für TKMS“, sagt Vorstandschef Oliver Burkhard. Der Auftragsbestand liege bei 18,2 Milliarden Euro, das seien 55 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (11,6 Milliarden Euro).
Umsatz und Profitabilität seien deutlich gewachsen, sagt Burkhard. Die Zahlen unterstrichen die gestärkte Marktposition und Leistungsfähigkeit des Unternehmens und bildeten eine solide Basis für weiteres Wachstum.
Erster eigenständiger Bericht nach Abspaltung
Der jetzt vorgelegte freiwillige Geschäftsbericht ist der erste eigenständige Bericht der TKMS AG & Co. KGaA, die zum 1. Januar 2025 von der Thyssenkrupp AG abgespalten worden ist.
Demnach stieg im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr der Umsatz um 9,3 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,0 Milliarden Euro). Unter dem Strich steht einen Nettogewinn von 108 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es knapp 88 Millionen Euro gewesen.
Der Auftragseingang lag im Geschäftsjahr 2024/25 bei 8,8 Milliarden Euro und damit knapp sechsmal so hoch wie im Vorjahr (1,5 Milliarden Euro). Vor allem die Nachbestellung von vier U-Booten im Rahmen des deutsch-norwegischen 212CD-Programms, der Auftrag für den Bau des Forschungseisbrechers „Polarstern“, ein Großauftrag für die Modernisierung von sechs 212A-U-Booten der deutschen Marine und einen Exportauftrag über zwei weitere 218SG-U-Boote nach Asien sorgen für volle Bücher.
Das Unternehmen setzt auf weiteres Wachstum. Ende November lieferte TKMS das zweite von sechs U-Booten an die Türkei aus. Bei der Vergabe eines Auftrags für acht bis zwölf konventionelle U-Booten für Kanada hat die Werft einen Mitbewerber aus Südkorea. Eine Entscheidung wird 2026 erwartet.
Die Werft hofft, bei dem in Schwierigkeiten geratenen Fregatten-Projekt 126 für die Deutsche Marine einspringen zu dürfen. Das Vorhaben im Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro ist ein zentrales Rüstungsprojekt für die Deutsche Marine. Die Werft habe ein entsprechendes Schiff bereits für andere Kunden gebaut, sagt Burkhard. Es sei möglich, an einem externen Bauplatz noch im Dezember mit dem Brennstart zu beginnen, falls der Auftrag erteilt würde.
„Wir werden ein zehnprozentiges Umsatzwachstum anstreben“, sagt Finanzvorstand Paul Glaser. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erwartet er am Ende der Range zwischen 100 und 150 Millionen Euro (2024/25: 131 Millionen Euro). „Wir streben weiterhin eine Dividendenquote von 30 bis 50 Prozent des Nettoergebnisses an, zahlbar ab 2027.“
Ausbau in Wismar
Außer am Stammsitz in Kiel will TKMS im kommenden Jahr am Werftstandort in Wismar die Produktion von U-Booten aufnehmen. 200 Millionen Euro will die Werft im neuen Geschäftsjahr investieren, vor allem für eine Druckkörpertaktstraße in Mecklenburg-Vorpommern. Darunter versteht man eine Fertigungslinie für den Rumpf von U-Booten. Eine solche ist in Kiel bereits in Betrieb.
Der Marineschiffbauer setzt darauf, dass Kundenbeiträge einen „substanziellen Teil“ dieser Investitionen tragen. Ziel sei es, durch den Ausbau der Kapazitäten künftig mehr U-Boote in der gleichen Zeit abzuliefern, sagte Burkhard.
Damit sei der Grundstein für die Nutzung des Standortes in Wismar als Hybridwerft gelegt, sagt Burkhard. „Anders als in Kiel, wo wir bis dato nur U-Boote bauen.“ Mittlerweile beschäftige der Standort im Nordosten rund 300 Menschen. Bis zu 1.500 könnten es am Ende werden. Es gebe dort zurzeit mehr als 30 Bewerbungen auf eine Stelle.
„Wismar liefert uns einfach die zusätzlichen Kapazitäten und die Flexibilität, die wir brauchen bei der Nachfrage nach unseren Designs, sodass wir diesen Rekordauftragsbestand effizient bearbeiten können und - wenn es uns gelingt - auch die Lieferzeiten verkürzen können“, sagt Burkhard.
Weiterer Kauf
Eher in Wochen als in Monaten erwartet der Werftchef eine Entscheidung in den laufenden Gesprächen über eine Übernahme der Kieler Nachbarwerft German Naval Yards, die zur französischen Werftengruppe CMN Naval gehört. Am Kieler Standort waren zum Stand August rund 400 Beschäftigte tätig.
„Das ist eben nicht vergleichbar mit Wismar, sondern das ist unsere unmittelbare Nachbarschaft“, sagt Burkhard. „Das sind Menschen, die haben früher sogar für uns gearbeitet, die kennen die Produkte und es hat natürlich eine ganze Reihe von Vorteilen, die aber bis zu einem bestimmten Punkt nur gehen.“
Die beiden Marinewerften teilen sich in Kiel eine Fläche und gehörten lange Zeit zusammen. Sie sind aus der früheren Traditionswert HDW (Howaldtswerke-Deutsche Werft AG) hervorgegangen, deren Ursprünge bis 1838 zurückreichen. Der ehemalige HDW-Überwasser-Schiffbau wurde ausgegliedert und firmiert unter German Naval Yards.
Drohnen
Zuletzt hatten Drohnensichtungen über der Kieler Werft Besorgnis ausgelöst. Diese gebe es immer wieder, sagt Burkhard. „Das kann auch mal ein Teenager sein, der irgendwie sein neuestes Gadget ausprobiert.“ Kritischer seien spezialisierte Drohnen, die etwa Handydaten abgriffen.
„Wir sehen aber für uns jetzt keine aktuelle Bedrohung und haben auch nicht jeden Tag Alarm“, sagt Burkhard. Dennoch investiere das Unternehmen einstellige Millionenbeträge in das eigene Sicherheitsnetz.
TKMS ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer für nicht-nuklear betriebene U-Boote, baut aber auch Fregatten und Korvetten. Das Unternehmen hat mehr als 9.100 Beschäftigte, darunter rund 3.300 in Kiel. Weitere Standorte sind Wismar und Itajaí in Brasilien. Mehrheitsaktionär ist Thyssenkrupp.