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Trickbetrug Trickbetrug: Die wundersame Geldvermehrung

Von Marion Trimborn 25.09.2007, 06:45
Roland Müller, Gruppenleiter der Abteilung Falschgeld der Deutschen Bundesbank, prüft im Nationalen Analysezentrum der Bundesbank in Mainz eine geschwärzte falsche 500-Euro-Banknote. (Foto: dpa)
Roland Müller, Gruppenleiter der Abteilung Falschgeld der Deutschen Bundesbank, prüft im Nationalen Analysezentrum der Bundesbank in Mainz eine geschwärzte falsche 500-Euro-Banknote. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Wer sich auf die Masche einlässt, muss echteGeldscheine bereitstellen, aus denen die Betrüger mit einerChemikalie angeblich weitere Banknoten machen. Als Verdienst winkenmehrere zehn- oder hunderttausend Euro - doch am Ende halten dieBetroffenen nur wertlose Papierblätter in den Händen. Viele reichendiese angeblich echten Banknoten hoffnungsvoll bei derFalschgeldstelle der Deutschen Bundesbank ein - wo sich das Ganze alsSchwindel entpuppt.

«Wir können den Betroffenen dann nur mitteilen, dass die "Scheine"vollkommen wertlos sind», sagt Roland Müller von derFalschgeldstelle. Nach Angaben der Ermittler sind es Betrüger vomSchwarzen Kontinent, vor allem aus Kamerun, die ihr Unwesenbundesweit treiben. Laut Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden werdenjedes Jahr nur knapp 60 Fälle bekannt - die Dunkelziffer liegt abervielfach höher. Viele Betroffene schweigen aus Scham oder fürchten,sich strafbar gemacht zu haben. «Nur jede zehnte Tat wird angezeigt»,sagt Dezernatsleiter Michael Schultz vom Landeskriminalamt in Berlin,wo die Betrüger besonders oft zuschlagen. «Der Schaden allein inBerlin beläuft sich auf zwei bis drei Millionen Euro jedes Jahr.»Werden die Täter überhaupt gefasst, kommen sie meist mitBewährungsstrafen davon.

Der haarsträubende Zaubertrick - der in Fachkreisen «Wash-Wash-Methode» heißt - verläuft immer gleich: Die Betrüger besuchen meistGeschäftsleute oder schicken ihnen Mails. Sie machen ihren Opfernweis, sie würden Leute kennen, die viel Geld aus dubiosen Quellen -zum Beispiel aus Überfallen oder Lösegeld - aus ihrem Heimatland nachEuropa gebracht hätten. Für die Ausfuhr seien die Scheine zum Schutzschwarz gefärbt worden und könnten in einer aufwendigen Prozedurwieder entfärbt werden. Als Katalysator benötige man jedoch echte,ungefärbte Scheine. Zum Beweis demonstrieren sie den Vorgang miteinem echten Geldschein, über den sie vorher Jod geschüttet haben, sodass er schwarz ist.

«Diese Banknote legen die Betrüger in Wasser, schüttenhandelsübliches Vitamin-C-Pulver darüber und schon wird er wiederweiß», sagt der Falschgeldexperte Müller. Etwas Babypuder dient als«Zauberchemikalie». Mit Beschwörungsformeln wirkt alles sehrgeheimnisvoll. Dann nehmen die Hochstapler das Geld der Opfer.Während der oft stundenlangen Wartezeit, in der angeblich diechemische Reaktion in den Geldpaketen abläuft, tauschen sie diePakete aus und setzen sich mit dem Geld ab.

Viele Opfer verlieren ihre gesamten Ersparnisse. Ein Rentner ausSüddeutschland löste seine Lebensversicherung auf und verlor425 000 Euro. Ein Restaurantbesitzer aus Offenbach kratzte mit seinerFamilie mehrere hunderttausend Euro zusammen, um sie «vermehren» zulassen. Als die Betrüger mit dem Geld verschwunden waren, schrieb erder Bundesbank: «Nun stehe ich finanziell am Abgrund. Ich weiß nicht,wie ich aus diesem Alptraum wieder herauskommen kann.» In einem Aktvon Selbstjustiz wehrte sich ein betrogener 28-Jähriger aus Berlinund kidnappte bei einem Wiedersehen seinen wortbrüchigen «Zauberer» -der Entführer wurde im Juli dieses Jahres wegen erpresserischenMenschenraubes zu vier Jahren Haft verurteilt.

Dabei hätten die Opfer nur eines wissen müssen: «Es gibt keineschwarzen Geldscheine, die für den Transport oder ausSicherheitsgründen eingefärbt werden», sagt Müller. Zwar werden beiGeldtransporten als Schutz gegen Überfälle «Security packs»beigepackt. Sie enthalten Farbbeutel, die per Funk gezündet werdenund alle Geldpakete bespritzen - dabei wird aber rote Farbe benutzt.

Es sind keineswegs nur leichtgläubige, ungebildete Menschen, dieauf die Trickbetrüger reinfallen. «Das geht quer durch alleBevölkerungsschichten», sagt der Kriminalpsychologe Adolf Gallwitz.«Das ist einfach die Gier. Wenn Menschen das Gefühl haben, einSchnäppchen machen zu können, werden alle Vorsichtsmaßnahmenaußeracht gelassen.»