Transrapid Transrapid: Betriebsleiter tragen Mitschuld an schwerem Unglück
Osnabrück/dpa. - Das Landgericht Osnabrücksprach sie am Freitag der fahrlässigen Tötung und fahrlässigenKörperverletzung schuldig. Die 50 und 67 Jahre alten Männer sollen20 000 und 24 000 Euro zahlen. Sie hätten es versäumt, zwingendnötige Sicherheitsvorschriften in die internen Betriebsregelneinzuarbeiten. So war es möglich, dass ein Fahrdienstleiter an jenemverhängnisvollen 22. September 2006 eine elektronische Fahrwegsperrenicht setzte, die das Unglück verhindert hätte. Der Transrapid wardamals auf einen Werkstattwagen geprallt.
Der Vorsitzende Richter Dieter Temming sagte in seinerUrteilsbegründung aber auch, eine ganze Kette von menschlichenFehlern habe das Unglück ausgelöst. Der diensthabendeFahrdienstleiter hatte schlicht vergessen, dass an Stütze 120 nochder Werkstattwagen stand, der jeden Morgen die Stelzenstreckesäuberte. Er gab dem Transrapid freie Fahrt. Das Verfahren gegendiesen laut Temming «als zuverlässig beschriebenen» Fahrdienstleiterist vorübergehend eingestellt worden. Der Mann gilt seit derKatastrophe als selbstmordgefährdet und ist nach einem Gutachten bisauf weiteres nicht verhandlungsfähig.
Auch der bei dem Unglück getötete Zugführer habe einen Fehlergemacht und nicht nach vorne aus dem Fenster geschaut. Sonst hätte erbei bester Sicht das scheunentorgroße Hindernis auf der Streckebemerken müssen und rechtzeitig bremsen können. «Tatsächlich habenalle versagt - und dies zum Teil mehrfach», sagte Temming.
Den Betriebsleitern hielt der Richter einen «elementarenSorgfaltspflichtverstoß» vor. «Nicht weil sie böswillig waren,sondern weil sie überzeugt waren als Ingenieure, dass sie es besserkönnen. Und das war ihr Fehler», sagte Temming. Es sei eine Auflageder Genehmigungsbehörde gewesen, das Setzen der elektronischenFahrwegsperre vorzuschreiben. Die Betriebsleiter hätten dies abernicht gemacht. Stattdessen sei eine «windelweiche Formulierung» inden internen Regeln gelandet. Auch mündlich seien die Mitarbeiter derTeststrecke nicht entsprechend eingewiesen worden. «Die Angeklagtenhaben die Gefahr nicht gesehen», die mit dem Rangiermanöver der«morgendlichen Besenfahrt» einherging, meinte Temming. Das Gerichtfolgte in seinem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft.
Mit der Urteilsverkündung ist die juristische Aufarbeitung desTransrapid-Unfalls, bei dem auch noch elf Menschen verletzt wordenwaren, noch nicht abgeschlossen. Die Verteidiger der Betriebsleiterkündigten umgehend Revision an. Zudem wird erneut dieVerhandlungsfähigkeit des diensthabenden Fahrdienstleiters - ausSicht von Staatsanwalt Hubert Feldkamp einer derHauptverantwortlichen für die Tragödie - geprüft. Während desProzesses war bekanntgeworden, dass er inzwischen wieder auf derTeststrecke in Lathen arbeitet. Die Staatsanwaltschaft schloss auchErmittlungen gegen weitere Teststrecken-Mitarbeiter nicht aus.
Seit dem Unglück 2006 ist noch kein Transrapid wieder im Emslandgefahren. Das niedersächsische Verkehrsministerium hatte bisher abereine Wiederaufnahme des Testbetriebs für diesen Sommer angepeilt.Interessenten für einen kommerziellen Einsatz der Magnetschwebebahngibt es nach dem Aus des Transrapid-Projekts in München derzeitnicht.