Tierischer Besuch in Dresden Tierischer Besuch in Dresden: Elch betäubt und im Wald ausgesetzt

Dresden - Dutzende Handykameras werden gezückt, Scherze machen die Runde. „Ich glaub, mich knutscht ein Elch!“, ist zu hören. Oder auch: „Da steht ein Elch auf dem Flur.“ In der Kantine eines Bürogebäudes im Dresdner Westen gibt es an diesem Montag nur ein Thema: Der Elch, der nur wenige Meter weiter im Foyer steht - und feststeckt. Eingesperrt zwischen Wand und Glasscheibe.
Steffen Burkhardt war gerade auf dem Weg zum Mittagessen, als draußen vor dem Glasfenster ein Elch vorbeispazierte. „Angelockt vielleicht von den Essensgerüchen“, vermutet der 47-Jährige, der sein Büro im fünften Stock hat. Zwar sei er schon viel gereist, aber einen Elch in freier Wildbahn habe er noch nie gesehen.
"Das ist ein Zeichen von Panik"
Das etwa zwei bis drei Jahre alte Tier flüchtet sich am Montag in das Verwaltungsgebäude eines Konzerns. Es bricht auf seiner Flucht vor Menschen durch die Glastür des Gebäudes und landete schließlich in der Eingangshalle. „Das ist ein Zeichen von Panik, er weiß nicht mehr wohin“, sagte ein Sprecher des Staatsbetriebes Sachsenforst.
Der Elch wurde am vergangenen Freitag erstmals im nahen Radebeul gesichtet, anschließend durchschwamm er laut Feuerwehr die Elbe und wanderte weiter ins Dresdner Stadtgebiet. Am Montag grast er schließlich unweit des Industriegeländes. Als Polizei und Schaulustige anrücken, nimmt er Reißaus.
Mehrere Stunden steht der Elch dann, eingesperrt von Polizei und Feuerwehr, neben der kaputten Tür und schaut hinaus. „Wie in einem Schaufenster“, sagt ein Zuschauer. Das Tier bewegt sich kaum, scheinbar unbeeindruckt von den vielen Beobachtern. Das Spektakel hat einen Menschenauflauf verursacht, der Fläche vor dem Haus ist abgesperrt, Angestellte verfolgen das Geschehen vom Fenster aus.
Wie der Elch schließlich eingefangen und wieder ausgesetzt wird, erfahren Sie auf Seite 2.
Auch Steffen Keller vom Umweltzentrum Dresden ist am Ort. Am Morgen war er auf dem Gelände der Dresdner Kläranlage nahe der Elbe unterwegs, als er plötzlich einen Elch sah - und seinen Augen kaum traute. Als er sich dem Tier vorsichtig nähern wollte, sprang es über einen etwa zwei Meter hohen Zaun. „Der Bulle ist jung und kräftig.“ Vermutlich stamme der Elch aus Polen oder Tschechien. Es sei nicht ungewöhnlich, dass gerade Jungbullen auf der Suche nach einem neuen Revier weite Strecken zurücklegten, sagte Keller.
Die Polizei glaubt, dass das Tier in freier Wildbahn lebt. Zumindest wurde kein Tier aus einem Gehege als vermisst gemeldet, erklärte ein Sprecher. Nach Angaben des Sachsenforst kommt es immer mal wieder vor, dass junge Elche aus Polen auf Wanderschaft über die alten Elchpässe kommen. Sie müssen weg, wenn die Alt-Elche Nachwuchs kriegen und sich Familienverbände neu sortieren.
Elche können mehr Schaden als Wildschwein oder Hirsch anrichten
Vorsicht sei bei der Begegnung mit diesem Großwild geboten - auch im Straßenverkehr, warnt ein Sachsenforst-Sprecher. Die mehrere 100 Kilo schweren Tiere könnten deutlich mehr Schaden als Wildschwein oder Hirsch anrichten und tödlich für den Autofahrer enden.
Auch 2001 hatte sich schon einmal ein Elch nach Dresden verirrt: Das Tier wurde in einem Garten entdeckt und mit einem Betäubungsgewehr narkotisiert - zog sich jedoch bei einem Sprung über einen Stahlgitterzaun tödliche Verletzungen zu.
Auch deshalb wollen es die Experten vom Zoo sowie Polizei und Feuerwehr zunächst ohne Betäubung probieren und das Tier mit einem Berg von Blättern in einen großen Baucontainer locken - vergebens. Schließlich rückt ein Experte mit Betäubungsgewehr an. Zwei Pfeile treffen gegen 16.30 Uhr das rechte Hinterteil des Tieres, erzählt ein Augenzeuge. Wenig später fällt ein dritter Schuss, der Elch geht in die Knie. Auf einer Trage wird er in den Container bugsiert.
Er habe die für seine Befreiung nötige Betäubung gut überstanden und sei in ein Waldgebiet in Ostsachsen gebracht worden, teilte die Stadt Dresden am Dienstag mit. Genauere Angaben zum neuen Aufenthaltsort des Elches sollen nicht gemacht werden. So habe es doch noch ein Happy End gegeben, sagt ein Polizeisprecher. (dpa)
