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Haftungsstreit Handbremse vergessen: Wer haftet für Unfall auf dem Autozug?

Ein Kleintransporter knallt auf einem Autozug in ein anderes Fahrzeug - er war mit Gurten fixiert, doch weitere Sicherungen fehlten. Wer ist schuld?

Von dpa 18.07.2025, 00:05
Huckepack genommen: Aber geht von den Fahrzeugen auf dem Autozug eigentlich eine Betriebsgefahr aus? Ein Gericht musste in einem Fall auch diese Frage klären.
Huckepack genommen: Aber geht von den Fahrzeugen auf dem Autozug eigentlich eine Betriebsgefahr aus? Ein Gericht musste in einem Fall auch diese Frage klären. Axel Heimken/dpa/dpa-tmn

Schleswig - Was bei der Haftungsfrage nach Unfällen unter der Formulierung „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ zu verstehen ist, lässt sich weit fassen. Ein Betrieb kann auch gegeben sein, wenn ein Transporter, der festgezurrt war, auf einem Autozug einen Schaden verursacht. 

Warum das entscheidend ist, zeigt ein Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG), über den die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. (Az.: 7 U 48/24) 

Auf dem Autozug in Richtung Sylt knallt es

Es ging um einen Unfall auf dem Autozug von Niebüll nach Westerland auf Sylt. Schilder und Lautsprecherdurchsagen der Deutschen Bahn wiesen darauf hin, die Handbremse anzuziehen und einen Gang einzulegen.

Während der Fahrt stieß ein Transporter dann zweimal gegen ein vor ihm stehendes Auto - einmal beim Anfahren und einmal beim Abbremsen des Zuges. Der Transporter war zwar von einer Bahnmitarbeiterin mit Gurten gesichert worden, doch der Fahrer hatte weder die Handbremse angezogen noch den Gang eingelegt. 

Danach entbrannte ein Streit darüber, wer für die rund 20.000 Euro Schaden an dem Auto geradesteht, gegen das der Transporter zweimal gekracht war. Denn die Versicherung des Transporters lehnte das ab. Eine GmbH, deren Geschäftsführer im Auto saß, klagte als Halterin des Fahrzeugs. 

Der Transporter - reines Ladegut?

Für die Halterin war der Fall klar: Der Fahrer des Transporters hatte Schuld, weil er Handbremse und Gang vergessen hatte. Die Gurte, mit denen sein Wagen festgezurrt wurde, hätten nur der zusätzlichen Sicherung gedient.

Die beklagte Versicherung führte ins Feld, dass sich der Schaden nicht beim Betrieb des Transporters ereignet habe. Der Transport mit der Bahn sei nicht mehr zum Betrieb zu zählen. Denn der Transporter habe als reines Ladegut angegurtet auf dem Zug gestanden - ähnlich eines Containers auf einem Schiff. Unerheblich sei deshalb, ob der Fahrer im Transporter war oder nicht. Nicht der Transporter habe den Fahrer befördert, sondern der Zug. 

Letztlich verlangte die Versicherung: Die Ansprüche wegen des Schadens hätte man gegenüber dem Halter des Zuges anmelden müssen.

Der Fahrer des Transporters hatte Einflussmöglichkeiten

Und so ging die Sache bis vor das OLG in Schleswig - und die Halterin des beschädigten Autos hatte Erfolg. Denn die Beweisaufnahme hat das Gericht überzeugt, dass der Unfall dadurch passierte, dass beim Transporter zu Beginn der Fahrt weder die Handbremse angezogen noch ein Gang eingelegt war.

Zudem, und nun kommt die eingangs erwähnte Formulierung wieder ins Spiel, hatte sich der Unfall nach Überzeugung des Gerichts auch „beim Betrieb“ des Transporters ereignet. Der Betrieb eines Kfz sei „entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen“. Bei der Bestimmung der Betriebsgefahr kommt es demnach darauf an, dass es einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Vorgang oder einer Betriebseinrichtung des Kfz gibt. 

Eine fahrzeugtypische Gefahr hatte sich auf dem Autozug durch die Kollisionsgefahr ergeben. Und dieser Gefahr sollte eben nicht nur mit den Sicherungsgurten entgegengewirkt werden - sondern laut den Durchsagen und Hinweisschildern auch durch das Einlegen des Ganges und das Anziehen der Handbremse. Hier wäre der Fahrer des Transporters in der Pflicht gewesen. Dessen Versicherung muss den Schaden also zahlen.