Thomanerchor Leipzig Thomanerchor Leipzig: Chef weist Verdacht der Vertuschung zurück

Leipzig/ddp. - Der Leipziger Thomanerchor weist alle Anschuldigungen einer Verschleierung möglicher sexueller Missbrauchsfälle zurück. Der Anfangsverdacht sei zunächst zu vage gewesen, als dass diese das Einschalten der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt hätten, sagte Chor-Geschäftsführer Stefan Altner am Montag in Leipzig. Vielmehr habe man sich den Vorwürfen sehr offensiv gestellt, alle Eltern der 91 Sängerknaben eingeladen und damit eine breite Öffentlichkeit hergestellt. Es sei daher nicht wahr, dass der Chor den Fall «vertrödelt oder verschleppt» habe, sagte Altner.
Im Mittelpunkt der Affäre steht ein 16-jähriger Sänger der Thomaner, der drei Jungen im Alter von 13 bis 15 Jahren des Internats sexuell missbraucht haben soll. Am 7. November wandten sich zwei Schüler an eine Erzieherin, noch am selben Tag wurde laut Altner sowohl mit dem Jungen als auch mit dessen Eltern gesprochen. Wenig später wurde der 16-jährige aus dem Chor und dem Internat ausgeschlossen, die Schule besucht er aber weiterhin. Nach ersten internen Regelungen und Klärungsversuchen hatte sich am 18. November eine Mutter an die Polizei gewandt.
Leipzigs Oberstaatsanwalt Norbert Röger sagte am Montag auf ddp-Anfrage, die Ermittlungen liefen, der Beschuldigte sei aber bisher noch nicht befragt worden. Auch das Ausmaß der möglichen Affäre sei nicht klar, ebenso wie die Zahl der zu vernehmenden Zeugen. Zudem müsse geklärt werden, ob in den betreffenden Fällen ein straffähiger Missbrauch vorliege. Die Dauer der Ermittlungen hängt laut Röger auch davon ab, wie die Mitglieder des Chores, der in dieser Woche zu einer Konzertreise nach Japan aufbricht, befragt werden können.
Die Thomaner gelten als einer der renommiertesten Knabenchöre der Welt. Ihre Geschichte reicht rund 800 Jahre zurück, berühmtester Kantor war Johann Sebastian Bach (1685 - 1750).