«Stasi-Unterwelt» «Stasi-Unterwelt»: Touristen im Schutz-Bunker

Frauenwald/dpa. - Mit einem Donnern schlägt die dicke Eisentür indas massive Schloss. Die sechs Wanderer zucken zusammen. Vor 30Sekunden noch hatten sie die Fichten des Thüringer Waldes gerochen,Vögel zwitschern gehört und warme Sonnenstrahlen auf ihrer Hautgespürt. Jetzt liegt ein muffiger Geruch in der kalten Luft. DieBesucher stehen in einem ehemaligen Führungsbunker der DDR-Staatssicherheit - getarnt unter einem begrünten Erdwall. 22 solcherBunker gab es in der DDR, die meisten davon sind inzwischenverfallen. In Frauenwald ist eines dieser Stasi-Bauwerke als Museumerhalten geblieben.
«Hier würde ich es keine drei Tage aushalten», sagt HeinrichLohmann aus Ratingen bei Düsseldorf, während er wie rund 10 000andere Gäste pro Jahr durch einen mit Kunstlicht erhellten Gangläuft. An der Wand hängt eine Dusche neben der anderen. «Die Duschenwaren zum Deaktivieren», erklärt Museumsführer Joachim Matzke. Imatomaren Ernstfall hätten dort 130 der mehr als 4500 Stasi-Mitarbeiter im früheren Bezirk Suhl ihre Kleidung mit Spezialseifeeinsprühen und sich selbst gründlich schrubben müssen.
Derartige Verstecke für den Fall eines Angriffs oder als Schutzbei Atomunglücken gab es in der DDR fast flächendeckend. Jeder der 22größten Bunker habe rund zwei Millionen DDR-Mark gekostet, sagt PaulBergner, Buchautor und Bunkerexperte aus Berlin. Neben den Bunkernfür die Stasi habe es noch spezielle Anlagen für die NationaleVolksarmee (NVA) und für ranghohe Parteimitglieder gegeben.
Der Unterschlupf in Frauenwald wurde - unbemerkt von den Nachbarn- zwischen 1973 und 1976 gebaut. «Gleichzeitig wurde hier eineFerienanlage errichtet. Da sind die Transporte nicht aufgefallen»,erzählt Museumsführer Matzke. Er und seine Besuchergruppe sindinzwischen im Wohn- und Arbeitsbereich des Bunkers angekommen. VomHauptgang zweigen lange schmale Zimmer ab, darunter ein Speisesaalund mehrere mit Telefontechnik voll gestopfte Kommandozentralen.
Die Versorgung unter Tage sollte früher ein riesiger Wassertankmit 3000 Litern Wasser und zwei Dieseltanks sichern, ein alsStraßenlaterne getarntes Lüftungsrohr für genug Sauerstoff von außensorgen. Sechs Tage hätten die Stasi-Mitarbeiter von der Außenweltabgeschnitten überleben können. «Danach wäre Schluss gewesen», sagtBunkerexperte Bergner.
Wegen ihres «historischen Zeugniswerts» sollten die Anlagen nachAnsicht von Bergner unbedingt erhalten werden, wenn nötig auch alsTouristenattraktion. Die Bunker zeigten die ganze Perversion vonRüstungswahn und Kaltem Krieg. Gerade damit lassen sich aber Besucherwerben. Die Frauenwalder Betreiber jedenfalls versprechen in ihrerBroschüre eine «Gruseltour» in der «Stasi-Unterwelt».