Justiz am Limit Staatsanwaltschaften bearbeiten rund 72.000 offene Verfahren
Personalmangel zwingt die Staatsanwaltschaften in Niedersachsen, Fälle abzugeben. Die Justiz kämpft mit einem riesigen Rückstau und sucht dringend nach Entlastung.

Hannover - Die niedersächsischen Staatsanwaltschaften kämpfen mit einem Berg an unerledigten Strafverfahren. Knapp 72.000 unerledigte Ermittlungsverfahren lagen Ende Mai vor, wie das Justizministerium auf Anfrage mitteilte. Zuvor hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet.
Im vergangenen Jahr gingen nach Angaben des Justizministeriums 550.735 Ermittlungsverfahren neu ein, 548.449 wurden abgeschlossen. Zum Jahresende lag der Bestand der offenen Verfahren demnach bei 76.111.
Wegen der hohen Belastung habe die Staatsanwaltschaft Verden rund 1.200 Fälle an andere Behörden im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Celle abgegeben. Die Verteilung der Fälle sei nach Größe und Auslastung der aufnehmenden Behörden erfolgt.
Personalmangel und Entlastungsmaßnahmen
Landesweit fehlen dem Ministerium zufolge aktuell 137 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Von rechnerisch benötigten 736 seien derzeit 599 im Dienst, was eine Auslastung von etwa 123 Prozent bedeute.
Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) sagte, dass die personelle Stärkung der Justiz weiterhin höchste Priorität habe. In den vergangenen zwei Jahren seien die Staatsanwaltschaften durch Solidaritätsaktionen und zusätzliche Stellen bereits entlastet worden. Für 2025 seien 39 neue Stellen für Staatsanwälte vorgesehen. Auch die Gerichte seien mit neuen Richterstellen und Personal verstärkt worden.
Dennoch sei die Justiz noch nicht vollständig entlastet. Wahlmann setze sich auf Bundesebene für mehr Unterstützung der Länderjustiz ein, um die Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justiz langfristig zu sichern.