Serienkiller in den USA Serienkiller in den USA: Zeugen sehen erstmals Heckenschützen

Washington/dpa. - Bei dem jüngsten Mord an einer 47 Jahre alten Frau haben Zeugen erstmals den Unbekannten gesehen, der die US- Hauptstadt seit Anfang Oktober terrorisiert. Hoffnungen der Polizei, möglicherweise bereits in Kürze ein Phantombild veröffentlichen zu können, zerschlugen sich am Mittwoch jedoch. Wie eine Polizeisprecherin sagte, sind die Aussagen der Zeugen unter anderem wegen der Dunkelheit zur Tatzeit zu unklar, um eine Zeichnung zu veröffentlichen.
Der unheimliche Schütze hat bisher im Großraum Washington neun Menschen erschossen und zwei schwer verletzt. Den Zeugenangaben zufolge soll es sich um einen dunkelhäutigen Mann handeln, entweder einen Latino oder jemanden aus dem Nahen Osten. Manche Zeugen wollen auch zwei Tatbeteiligte gesehen haben. Beschrieben wurde auch ein weißer oder cremefarbener Kleinlaster, der bereits an anderen Tatorten aufgefallen war. Einige Zeugen machten Angaben über Teile des Nummernschildes.
«Es gibt mehrere Personen, die glauben, dass sie einen Mann schießen gesehen haben», sagte Hauptkommissarin Nancy Demme am Mittwoch vor Journalisten. «Unglücklicherweise waren sie wegen der Entfernung, der Dunkelheit und vielleicht dem Adrenalin nicht in der Lage, eine klare Beschreibung für ein Phantombild zu liefern, das wir verbreiten könnten.»
Unterdessen kann die örtliche Polizei bei der Jagd nach dem Mörder auf zusätzliche Unterstützung bauen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genehmigte am Dienstagabend (Ortszeit) den Einsatz von Aufklärungsflugzeugen. Weil eine direkte Beteiligung des Militärs bei der Strafverfolgung in den USA seit 1878 gesetzlich verboten ist, sollen die Maschinen zwar von Militärpiloten geflogen werden; die Ermittlungsarbeit an Bord wird aber von Beamten des Bundeskriminalamtes FBI erledigt.
Der Heckenschütze hatte am Montagabend zum elften Mal zugeschlagen. Er erschoss auf einem überdachten Parkplatz im Bezirk Fairfax die FBI-Mitarbeiterin Linda Franklin. Er konnte erneut durch ein engmaschiges Netz der Polizei schlüpfen, hinterließ diesmal aber zahlreiche Spuren. Die Polizei sicherte «einen Berg Indizien und Hinweise», wie sie mitteilte. «Ich bin zuversichtlich, dass diese Informationen bald zu einer Festnahme führen», sagte der Polizeichef des Bezirks, Tom Manger.
Die 47-Jährige war vor den Augen ihres Mannes mit einem gezielten Kopfschuss ermordet worden. Sie arbeitete seit dreieinhalb Jahren als Analystin für das FBI und hatte davor an US-Militärschulen in Belgien und Japan unterrichtet, hatte nach Angaben der Polizei aber nichts mit der Fahndung nach dem Heckenschützen zu tun. Angehörige und Bekannte erinnerten sich am Mittwoch an eine mutige, sportliche Frau, die gerade eine Brustkrebserkrankung überwunden hatte und mit ihrem Mann in ein neues Haus ziehen wollte.
US-Präsident George W. Bush lehnte trotz der Mordserie eine Verschärfung der Waffengesetze ab. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, erteilte Rufen nach einem ballistischen Fingerabdruck für alle in den USA verkauften Waffen eine Abfuhr. Es gebe Experten, die dies für nicht genügend aussagekräftig hielten, sagte er. Bei dem ballistischen Fingerabdruck handelt es sich um eine Methode, bei der mit Hilfe der winzigen Unterschiede und Merkmale im Lauf eines jeden Gewehrs die Kugeln zu einer Waffe zurück verfolgt werden können. Dafür müssen aber alle Waffen registriert werden.
Auch in Deutschland ist eine Diskussion im Gange, ob nicht alle Schusswaffen des Landes kriminaltechnisch erfasst werden sollen. Dies hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Mittwoch in Berlin vorgeschlagen. Die offenkundigen Probleme der amerikanischen Polizei, den Heckenschützen zu ermitteln, könnten auch für Deutschland gelten, mahnte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. Die Identifikationsmerkmale der Waffen sollten in einer Datenbank abgelegt werden, schlug er vor.
