Was steckt dahinter? Schulessen mit Halal-Fleisch: Aufregung in Hamburg um Schulspeisung

Hamburg - Diese Fleisch-Debatte erhitzt die Gemüter!
An einer Schule in Hamburg hatten Eltern offenbar gefordert, dass es zukünftig Halal-Fleisch in der Schulkantine geben müsse.
Auf eine Kleine Anfrage der AfD hatte der Senat bestätigt, dass der Elternratsvorsitzende dies „unverhältnismäßig vehement” eingefordert hatte.
Von „heftigen Diskussionen” zwischen Eltern ist zudem in der Senatsantwort die Rede. So heftig offenbar, dass sich sogar Hamburgs Schulsenator Ties Rabe in die Angelegenheit einmischte. „Einen Anspruch bestimmter Gruppen, ihre eigenen Speiseriten oder -vorschriften für das Schulessen durchzusetzen, gibt es nicht. Und wir werden ihm auch weiter entgegentreten", sagte der SPD-Politiker dem „Hamburger Abendblatt”.
Halal-Fleisch beim Schulessen gefordert: Zwischenzeitlich nur vegetarische Gerichte an Schule
Der Streit in der Schule hatte offenbar dazu geführt, dass kurzzeitig überhaupt kein Fleisch mehr in der Kantine angeboten wurde. Die Gerichte wurden nur noch rein pflanzlich zubereitet. Nun soll es zumindest wieder Fleisch geben – halal ist dies allerdings nicht.
„Wir werden auf keinen Fall anfangen zu versuchen, die Vielfalt dieser Stadt in den Speiseplan zu pferchen", ließ sich Rabe weiter zitieren.
Der Elternbeirat der Schule widerspricht nun diesen Darstellungen des Senats. Es solle weder vom Elternrat noch vom Vorsitzenden eine Forderung nach Halal-Fleisch gegeben haben.
Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu dem Thema.
Was ist Halal-Fleisch?
Im Islam dürfen nur Tiere gegessen werden, die regelgerecht geschlachtet wurden.
Heißt: Die Tiere werden durch einen Kehlenschnitt getötet, damit sie rückstandslos ausbluten können. Das muss ohne Betäubung passieren, weil manche Muslime befürchten, diese könne tödlich enden – und das Fleisch dadurch laut Koran unbrauchbar werden.
Dieses sogenannte Schächten ist in Deutschland verboten.
Gibt es in Deutschland dann überhaupt Halal-Fleisch?
„Bei uns wird ein Teil der Rinder halal geschlachtet“, sagt ein Sprecher vom Fleisch-Giganten Tönnies auf MOPO-Nachfrage. Geschächtet würden die Tiere aber nicht, alle erhielten gemäß Tierschutzgesetz eine Betäubung. Gleiches gilt für den Geflügelhersteller Wiesenhof. „Alle unsere Schlachtereien sind halal-zertifiziert, einige seit Jahrzehnten“, so eine Sprecherin. Die Halal-Schlachtung habe bei ihnen nichts mit dem betäubungslosen Schächten zu tun. Und: Es gibt Gelehrte, die sagen, kurze Betäubungen seien auch halal.
Gibt’s Kritik an dem Schlachtverfahren?
„Für uns ist unerheblich, ob ein Tier aus religiösen Gründen oder aufgrund schlechter Arbeitsabläufe im Schlachthof ohne Betäubung getötet wird“, sagt Frank Wieding, Sprecher des Hamburger Tierschutzvereins. Das Halal-Schlachten mit Kurzzeitbetäubung sei dabei „so gut oder schlecht“, wie das konventionelle Schlachten.
Woran erkennen Verbraucher, dass Fleisch halal ist?
„Das Label „Halal“ ist nicht gesetzlich geschützt“, sagt Silke Schwartau von der Verbraucherschutzzentrale. Eine Kennzeichnungspflicht gebe es nicht.
Wie erfahre ich, ob meine Schule Halal-Fleisch anbietet?
Wer nicht nachfragt, erfährt es im Zweifel nicht. „Wir wollen nun sicherstellen, dass mehr Transparenz geschaffen wird“, sagt Schulbehörden-Sprecher Peter Albrecht.
An wie vielen Hamburger Schulen wird halal gekocht?
Das wird statistisch nicht erfasst. Aus einer Grünen-Anfrage Ende 2017 ging hervor, dass drei Schulen im Bezirk Harburg (Marmstorf, Grumbrechtstraße und Schnuckendrift) Halal-Fleisch anbieten. In der aktuellen AfD-Anfrage geht es um das Kurt-Körber-Gymnasium, die Stadtteilschule Öjendorf und die Grundschule Bonhoefferstraße. An letzterer sollen Elternvertreter Halal-Essen eingefordert haben, die verneinen das jedoch.
Gibt es ein Anrecht auf Halal-Essen?
„Es gibt keinen Anspruch auf bestimmte Speisen, die nach bestimmten religiösen, kulturellen oder sonstigen Riten zubereitet sind“, sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). Schulessen würde gemäß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung angeboten – ohne Halal-Vorgabe.
Was sagt die AfD?
Fraktionschef Alexander Wolf fordert die Schulbehörde auf, konsequent durchzusetzen, „dass in der Schulspeisung nur Fleisch nach den Richtlinien des Tierschutzgesetzes angeboten und Schüler unterschiedlicher Herkunft nicht kulturell vereinnahmt werden“. Genau das, beteuern die Hersteller, sei der Fall. „Wir tun gut daran, dass die Schulen und ihre Caterer die Vereinbarungen selbst treffen“, sagt Albrecht.
Will die Behörde jetzt den Gebrauch von Halal-Fleisch unterbinden?
Unklar. Die Behörde führt jetzt aber Gespräche mit Schulleitern, Schlachthöfen, Eltern und Juristen, um sich ein Bild von der Situation zu machen. „Wir wollen keinen Schnellschuss“, sagt Albrecht. Gut möglich, dass auch alles so bleibt, wie es ist. Bislang gab es mit dem Halal-Thema nämlich eigentlich keine Probleme.
(Dieser Text erschien zuerst bei der Mopo)