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Schifffahrt Schifffahrt: Fähre mit 1400 Passagieren sinkt im Roten Meer

03.02.2006, 10:56

Kairo/dpa. - Die ägyptische Fähre «Al SalamBoccaccio 98» hatte am Donnerstagabend mit 1414 Passagieren undBesatzungsmitgliedern den saudiarabischen Hafen Dhiba verlassen. Rund90 Kilometer vor ihrem Ziel, dem ägyptischen Hafen Safaga, sank dasSchiff, wie die ägyptische Nachrichtenagentur MENA berichtete. BisFreitagabend wurden etwa 300 Überlebende geborgen. Die genaue Zahlder Todesopfer war auch Stunden nach der nächtlichen Katastrophenicht klar. Als mögliche Unglücksursache wurden schlechtes Wetteroder ein technischer Defekt genannt.

Bis zum Abend konnten 293 Überlebende geborgen werden, wie derägyptische Transportminister Mohammed Lutfi Mansur im staatlichenFernsehen mitteilte. Die Rettungsarbeiten seien noch im Gange. AusSicherheitskreisen hieß es unterdessen, 185 Leichen seien im Meergefunden und zu einem Stützpunkt der Marine im ägyptischen Safagagebracht worden. Mehrere Verletzte wurden in einem Krankenhaus imUrlaubsort Hurgada, der 60 Kilometer nördlich von Safaga liegt,versorgt.

Nach Angaben des saudiarabischen Innenministeriums waren1200 Ägypter an Bord der «Al Salam Boccaccio 98». Außerdem seien 100Passagiere aus Saudi-Arabien, sechs Syrer, vier Palästinenser sowieje ein Bürger aus dem Oman, Sudan, aus Jordanien, Kanada, denVereinigten Arabischen Emiraten, dem Jemen, den Philippinen undIndonesien auf der Fähre gewesen. Zu den Nationalitäten der 96Besatzungsmitglieder lagen keine Angaben vor.

Im Hafen von Safaga drängten sich Tausende von Angehörigen dervermissten Passagiere und warteten auf Neuigkeiten. Viele von ihnenwaren schon nach Safaga gereist, bevor bekannt wurde, dass das Schiffgesunken ist. Sie hatten ihre Verwandten im Hafen empfangen wollen.Doch die Freude über ein Wiedersehen wich bangem Warten undEntsetzen, als die ersten Meldungen über die Tragödie die Rundemachten. Die Angehörigen forderten die Behörden auf, ihnen Listen mitden Namen der Überlebenden zugänglich zu machen.

Weshalb das Schiff sank, war zunächst unklar. Behördenvertreter amOrt des Unglücks sprachen von einem kräftigen Wind und Wellen von biszu zehn Metern Höhe in der Nacht zum Freitag. Später hieß es jedochaus ägyptischen Sicherheitskreisen, es habe möglicherweise einentechnischen Defekt gegeben. Das Schiff sei am vergangenen Dienstagvor seiner Abreise in Safaga und dann am Donnerstag in Saudi-Arabienüberprüft worden. Der Direktor des Hafens von Dhiba, Mahmud al-Harbi,sagte der Agentur MENA, es hätten sich nicht mehr Passagiere alserlaubt an Bord befunden.

Die Fähre hatte Dhiba, den nördlichsten saudiarabischen Hafen amRoten Meer, um 20.30 Uhr Ortszeit verlassen. In Safaga hätte sie um2.30 Uhr ankommen sollen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Besatzung derFähre laut MENA bereits einen Notruf abgesetzt, der von derägyptischen Fähre «Sankt Kathrin» empfangen wurde. Doch dieRettungsaktion der Behörden, die in den Morgenstunden begann, kam fürdie meisten Passagiere des Schiffes zu spät.

Die Fähren, die zwischen Saudi-Arabien und Ägypten verkehren, sindfür viele ägyptische Arbeiter der billigste Weg, um zu ihrenArbeitsplätzen in den reichen Golfstaaten oder zur muslimischenWallfahrt nach Mekka zu gelangen. Auf der Strecke hatte es schonmehrfach Unglücke mit Hunderten von Todesopfern gegeben.

Mitschuld daran ist oftmals der Einsatz älterer Autofähren vomRoll-on-Roll-off-Typ, die Experten als gefährlich einstufen. «DieSchiffe haben eine Bug- und eine Heck-Klappe und dazwischen Autodecksim Stil riesiger Tiefgaragen», erläuterte der Leiter des ADAC-Fährentests, Jens-Peter Hoffmann, in einem dpa-Gespräch. «Läuft vornWasser herein, breitet es sich schnell im ganzen Schiff aus, und dieFähren können leicht umkippen.»

Auch die 1970 gebaute Unglücksfähre «Al Salam Boccaccio 98» gehörtzu diesem Typ. Das Schiff hat eine Größe von mehr als 11 000 Tonnen,ist 118 Meter lang und bis zu 17 Knoten (31,5 Stundenkilometer)schnell. An Bord ist Platz für nahezu 1500 Passagiere und Autos. Eineetwa 100-köpfige Besatzung betreute die Reisenden auf den Fahrten.

Bundespräsident Horst Köhler und die Bundesregierung bekundetenÄgypten ihr Beileid. Köhler schrieb in einem in Berlinveröffentlichten Telegramm an den ägyptischen Präsidenten MohamedHosni Mubarak: «Mit großer Bewegung habe ich die Meldungen über diegroße Zahl an Opfern verfolgt, die ihr Leben bei dem schrecklichenFährunglück im Roten Meer verloren haben.» Auch die Spitzen derEuropäischen Union und US-Präsident George Bush kondolierten undboten Kairo Hilfe an.

Fähre im Roten Meer gesunken (Grafik: dpa)
Fähre im Roten Meer gesunken (Grafik: dpa)
dpa