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Sängerin Isabel Pontoja Sängerin Isabel Pontoja: Spanischer Folklorestar muss in den Frauenknast

Von Martin Dahms 21.11.2014, 18:02
Isabel Pantoja
Isabel Pantoja AP Lizenz

Madrid - „Die Korruption ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit“, schreibt die große spanische Tageszeitung „El País“, „es wäre wünschenswert, dass daraus kein Medienzirkus würde“. Das ist leicht gesagt. Aber hier geht es um Isabel Pantoja, und Isabel Pantoja ist den Spaniern mindestens so ans Herz gewachsen wie den Deutschen, sagen wir: Helene Fischer. Und nun sitzt sie im Gefängnis seit Freitagmorgen – wegen Geldwäsche. Wie soll daraus kein Medienzirkus werden?

Pantoja, geboren 1956 in Sevilla, ist eine dieser öffentlichen Personen, über die die Spanier, wenn sie nur die richtigen Zeitschriften lesen und die richtigen Fernsehprogramme sehen, fast alles wissen. Sie lebt vom Gesang, aber sie lebt auch davon, berühmt zu sein. Sie ist eine Folkloresängerin, sie hat die „Copla andaluza“, ein Genre der spanischen Volksmusik, seit den 1970er Jahren zu neuer Beliebtheit gebracht. Sie singt mit Inbrunst.

1983 heiratete sie einen Torero: Paquirri. Volksmusik und Stierkampf. Sie bekamen ein Kind, einen Sohn: Paquirrín. Die Ehe dauerte nur anderthalb Jahre: Ein Stier nahm Paquirri 1984 auf die Hörner. Fast nie sterben Toreros in der Arena, doch Paquirri starb. Pantoja war „die Witwe Spaniens“.

Bestechlichkeit, Untreue, Verschleuderung öffentlicher Gelder

Pantoja sang weiter. Mehr als 20 Platten brachte sie heraus. Die alten Fans blieben ihr treu, jüngere kamen hinzu. Sie trat in zwei Spielfilmen auf und adoptierte ein Mädchen aus Peru: María Isabel.

Dann verliebte sie sich in Julián Muñoz, den Bürgermeister Marbellas. Das war ihr Untergang. Marbella an der spanischen Mittelmeerküste ist eine dieser Städte, in der es sich die Schönen und Reichen dieser Welt gutgehen lassen und in der es die Politiker nicht so genau mit Recht und Gesetz nehmen. Muñoz’ Vorgänger war Jesús Gil, zugleich Präsident des Fußballclubs Atlético de Madrid und eine der ersten Korruptionsberühmtheiten Spaniens. Muñoz lernte von seinem politischen Ziehvater.

Im Juli 2006 wurde er festgenommen, da war er schon ein paar Jahre nicht mehr im Amt. Bestechlichkeit, Untreue, Verschleuderung öffentlicher Gelder – die ganze Palette. Er sitzt im Gefängnis, zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Und Isabel Pantoja? Bekam von alldem nichts mit, sagt sie. Und ist von Muñoz längst getrennt. Es nützte alles nichts. Die Müllsäcke voller 500-Euro-Scheine in der Villa ihres Geliebten konnte sie nicht übersehen haben. Zwei Jahre Haft wegen Geldwäsche brummte ihr ein Richter im vergangenen Jahr auf.

Ohnmacht vor dem Gericht

Beim Verlassen des Gerichts wurde sie ohnmächtig. Sie litt, und sie kämpfte um ihre Freiheit. Vergeblich. Am Freitag musste sie doch ins Frauengefängnis von Alhaurín de la Torre in der Nähe ihrer Heimatstadt Sevilla gehen.

Folklore, Stierkampf, Korruption. Für manche ist Spanien eine einzige Fiesta. Früher hat das die Spanier nicht gestört. Gil bekam bei allen Wahlen in Marbella Traumergebnisse, obwohl alle von den Korruptionsvorwürfen gegen ihn wussten.

2008 platzte die Blase. Die Spanier rieben sich die Augen und begannen sich zu fragen: Sind wir alle korrupt? Die Politiker, die Immobilienhaie, die Banker, die Königsfamilie, Isabel Pantoja – und wer noch? Nach der Arbeitslosigkeit bereitet den Spaniern heute nichts mehr Sorgen als die Korruption. Und auch deswegen verfolgen sie gebannt den Medienzirkus um Isabel Pantoja: weil sie wissen, dass die Korruption eine ernsthafte Angelegenheit ist.