Rückblick 2017 Rückblick 2017: Die vergessenen Höhepunkte in der Welt des Internets

Halle (Saale) - Seit das Internet und die sozialen Netzwerke das Lebenstempo vorgeben, jagen sich Ereignisse in einer Geschwindigkeit, dass von einem Jahr schon nach nicht einmal ganz zwölf Monaten kaum etwas in Erinnerung bleibt. Umso überraschender sind die Rückblicke, die Google, Facebook, Ebay und andere Netzgrößen traditionell im Dezember veröffentlichen.
Hier gibt es sie noch einmal, die meistgesuchten und meistdiskutierten Ereignisse des Jahres, die Themen, die Nutzer in Deutschland am meisten bewegten, und die Bilder, die vielleicht sogar in Erinnerung bleiben werden.
G20-Gipfel war das Aufreger-Thema des Jahres
Bei Facebook ist die Abstimmung mit dem Klickfinger eindeutig ausgegangen: Der G20-Gipfel war bei den Nutzern des dominierenden Netzwerkes im Internet das Aufreger-Thema des Jahres. Nach Angaben von Facebook hat 2017 kein Thema zu einer so hohen Resonanz geführt wie der G20-Gipfel im Juli in Hamburg - wobei nicht der Gipfel selbst, sondern die massiven Ausschreitungen und das gewaltsame Auftreten der Polizei so heftig diskutiert wurden, dass alle anderen politischen Themen dagegen abfielen.
Auch und ganz besonders die Bundestagswahl, die es nur auf Platz acht der meistdiskutierten Facebook-Themen des Jahres schafft - abgeschlagen selbst von der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, die Platz vier belegt.
Davor liegt ein Mann, den bis zum Tage seines Todes wahrscheinlich viele Menschen nicht einmal namentlich kannten. Doch das Schicksal des Linkin-Park-Sängers Chester Bennington, der nach einer schweren Kindheit mit sexuellem Missbrauch und Vernachlässigung zu höchsten Gipfeln des Rockruhms aufgestiegen war, nur um dann in Depressionen abzustürzen, die ihn zum Selbstmord trieben, ergriff auch Leute, die mit dem rabiaten Rock von Linkin Park nichts anfangen konnten.
Der Metaller schlug sogar den viel länger berühmten und viel verbindlicher rockenden Tom Petty. Auch bei Google hat Bennington Spuren in der Klickhitparade hinterlassen: Hinter WM-Auslosung, Bundestagswahl, Wahlomat, iPhone 8, Dschungelcamp und Confed Cup belegt der tote Star Platz 7. Er liegt damit vor Donald Trump, dem meistgesuchten Politiker.
Weder Angela Merkel noch Frauke Petry unter Top-20-Suchbegriffen
Der genaugenommen der einzige Politiker ganz oben auf der Liste ist. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch FDP-Shootingstar Christian Lindner noch AfD-Aussteigerin Frauke Petry oder CSU-Polterer Horst Seehofer sind in den Top 20 vertreten - dafür aber der mutmaßliche Doppelmörder Marcel Heße, die C-Prominente Kader Loth und der Fußballer Dembele.
Ein ähnliches Bild bietet der Jahresrückblick der Google-Tochter Youtube. Hier triumphiert der Videoblogger Julien Bam, der mit Blödelsongs nicht nur den ersten Platz im offiziellen Jahresrückblick belegt, sondern auch noch die Plätze zwei, vier und acht besetzt. Insgesamt am meisten gesehen wurde das Video zum Song „Despacito“ von Luis Fonsi feat.
Daddy Yankee vor Ed Sheerans „Shape of You“ und dem Gesangsdebüt der Youtuberin Bibi H mit „How it is (wap bap ...)“, die mit ihrem freizügigen Pop-Video trotz oder wegen anfänglicher Kritik 48 Millionen Zuschauer erreichte.
„Fidget Spinner“ lässt eine Nation durchdrehen
Das Spiegelbild einer Gesellschaft, deren Interessen Sport (Suchbegriff Handball-WM), Katastrophen (Nordkorea), Terroranschläge (Barcelona), Konsumgüter (iPhone X), verlockende Reichtumsversprechen (Bitcoin) und Fernsehsendungen (Promi Big Brother) dominieren. Suchbegriffe wie „Wahl Frankreich“, „Ehe für alle“ und „Wahl NRW“ rutschen nur gelegentlich zwischen „Bachelorette“, „ESC“, „Love Island“, „Adam sucht Eva“ und „Let´s Dance“.
Es braucht dem Mechanismus der Auswertung zufolge allerdings auch immer ein passendes Stichwort, um ähnliche Interessen zu kanalisieren. Der „Fidget Spinner“ lieferte im Mai so ein Catchwort. Nach Beobachtungen von Ebay drehte damals die ganze Nation durch: Mitte des Monats wurde im Schnitt aller drei Sekunden nach den Drehkreiseln gesucht.
Das war der Höhepunkt des Trends um den Fidget Spinner - und sein Ende. Ähnlich geriet das Schicksal von „Jamaika“, dem Oberbegriff für die letztlich missglückten Koalitionsverhandlungen. Die hinterließen bei Facebook wie bei Google Spuren am Jahresende. Ein spitzer Ausschlag, der so schnell abebbte wie er gekommen war.
Google wertet Suchanfragen in Frageform aus
Klassiker dagegen sind die seit einigen Jahren von Google ausgewerteten Suchanfragen, die von Nutzern in Frageform formuliert werden. Der Suchriese gibt an, dass deren Volumen im vergangenen Jahr besonders stark angestiegen sei, was auch ohne Nennung von absoluten Zahlen ein bemerkenswertes Licht auf die deutschen Internetnutzer wirft. Denn die fragen nicht nur nach aktuellen Ereignisse wie etwa „Was ist G20 Gipfel?“, „Was beginnt mit dem 1. Advent?“ oder „Was soll ich wählen?“, sondern wollen von der Suchmaschine auch Antworten auf komplexe Sachverhalte erfahren.
„Warum will Katalonien unabhängig sein?“, lautete in den vergangenen Monaten eine beliebte Frage, „Warum ist Butter so teuer geworden?“, eine zweite. Zudem hinterließ Luther im Lutherjahr seinen Fingerabdruck, denn dessen „Warum rülpset und furzet ihr nicht?“ rückte in die Spitzengruppe der meistgestellten Warum-Fragen. Knapp dahinter folgen „Warum AfD wählen?“, „Warum wählen gehen?“ und „Warum haben Männer Brustwarzen?“, während bei den Wo-Fragen „Wo befindet sich der Hubraum?“, „Wo kann man Fidget Spinner kaufen?“ und „Wo können Möwen in Krefeld kostenlos Karussell fahren?“ vorn liegen. (mz)