Rinder und Schafe getötet Rinder und Schafe getötet: Wölfe versetzen Nordseeküste in Aufruhr

Cuxhaven - In Norddeutschland sollen wieder Wölfe abgeschossen werden. Nach dutzenden Angriffen auf Rinder und Schafe in der Nähe der niedersächsischen Stadt Cuxhaven hat selbst der dortige Wolfsberater Hermann Kück den Abschuss von fünf Wölfen empfohlen.
Nach Kücks Einschätzung haben die fünf im Mai 2016 geborenen Tiere früh ihre Eltern verloren und deshalb nicht gelernt, wie sie Rehe, Hasen oder Wildschweine jagen sollen. Stattdessen gingen sie nun den einfachen Weg und töteten Nutztiere.
24 Rinder und mehr als hundert Schafe bei Cuxhaven von Wölfen gerissen
Insgesamt sollen es bei Cuxhaven mittlerweile 24 Rinder und mehr als hundert Schafe sein, die auf das Konto der Jungwölfe gehen. Die Tiere hätten verstanden, wie einfach es sei, Nutztiere zu reißen, so Wolfsberater Kück. „Vor allem Schafe stehen fast ungeschützt auf den Weiden. Wölfe können ungestört rankommen.“
Kück meinte im NDR, es gebe keine Alternative zur „letalen Entnahme“, wie das Abschießen im niedersächsischen Umweltministerium genannt wird. Der Wolfsberater selbst sehe jedenfalls keine andere Lösung. Die Wölfe, um die es gehe, seien „hoch intelligent und geben ihr Wissen an den Nachwuchs weiter.“ In wenigen Monaten würden die Tiere geschlechtsreif, deshalb bleibe nicht mehr viel Zeit bis zur nächsten Generation.
Im Nordwesten Niedersachsens fürchten Eltern um ihre Kinder
In den vergangenen Monaten hatte es starke Proteste im Nordwesten Niedersachsens wegen der Wölfe gegeben. In etlichen Dörfern hatten Viehhalter Mahnfeuer angezündet, Eltern fürchteten um ihre Kinder, die allein mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs waren.
Kück ist sich sicher, dass die toten Schafe und Rinder auf das Konto der wölfische Jugendgang gehen. Deren Eltern erwischte es früh: Die Mutter wurde von einem Unbekannten illegal erschossen, der Vater ist verschwunden. „Auch wenn noch einige DNA-Nachweise ausstehen, gehe ich davon aus,“ so Kück. „Wir haben hier mittlerweile fast jede Woche einen Angriff, von daher ist das die einzige Möglichkeit, um die Lage zu entschärfen und weitere Risse zu vermeiden.“
Die jungen Wölfe würden nach seiner Einschätzung ein „abnormales Jagdverhalten“ an den Tag legen und schließlich nicht plötzlich zu Vegetariern werden.
Etwa 70 Rudel oder Wolfspaare leben im Land
Dennoch: Der Abschuss soll ein Sonderfall bleiben. Normalerweise sind Wölfe, die seit 2000 wieder heimisch in Deutschland sind, strengstens geschützt. Zur Zeit leben etwa 70 Rudel oder Wolfspaare im Land. Möglicherweise sind es auch deutlich mehr: Wolfszählungen sind schwierig. Da ein Rudel aus etwa etwa acht Tieren besteht, sind es möglicherweise 500 bis 700 Tiere.
In Sachsen, wo die Wölfe vor 17 Jahren erstmals auf einem Truppenübungsplatz gesichtet wurden, gibt es Forderungen, nicht nur problematische Wölfe abzuschießen. In der Nähe von Rosenthal, östlich von Dresden, haben voriges Wochenende Wölfe 14 Schafe gerissen. CDU-Landrat Michael Harig, selbst Schafhalter, fordert vom Umweltministerium in Dresden eine Abschussgenehmigung für das Rosenthaler Wolfsrudel.
Wolfsschützer wollen Abschuss unter speziellen Umständen nicht ausschließen
„Ich glaube, es ist nicht ausreichend, dass man sich auf Problemwölfe konzentriert, sondern die Wölfe müssen bejagt werden, damit ein Jagddruck entsteht und damit die Nutztierhaltung hier im ländlichen Raum überhaupt noch eine Chance hat“, sagte Harig im MDR.
Wolfsschützer halten das für völlig übertrieben, auch wenn sie selbst einen Abschuss unter speziellen Umständen nicht ausschließen wollen. „Wir sind immer noch nicht an dem Punkt, dass man freimütig verlangen kann, diese Wölfe abzuschießen“, meinte Markus Bathen vom Naturschutzbund (Nabu). Anwohner müssten sich keine Gedanken um ihre Sicherheit machen: „Wölfe jagen Tiere, Menschen passen nicht ins Beuteschema.“
Im Frühjahr 2017 war in Sachsen ein „Problemwolf“, trotz Petition mit 96 000 Unterschriften für das Tier, zum Abschuss freigegeben worden. Doch kaum war die Schießgenehmigung erteilt, tauchte „Pumpak“ ab. Er ist seitdem nie wieder gesehen worden. (mz)