Raumfahrt Raumfahrt: Sechs auf einen Streich
Berlin/Moskau/ddp. - Russland plant Superraumschiff «Clipper» - «Sojus»-Nachfolger hat doppelt so viel Plätze Die Tage der guten alten russischen «Sojus»-Kapseln scheinen gezählt. Nach über 35 Dienstjahren sollen sie bald aufs Altenteil geschickt werden. Die Arbeiten am Nachfolger in der Raketenschmiede «RKK Energija» vor den Toren Moskau sind bereits weit gediehen. Das Projekt trägt den wohlklingenden Namen «Clipper». Dahinter verbirgt sich ein sechssitziges Superraumschiff mit einer wiederverwendbaren Rückkehrkapsel. Es wird speziell für den Pendelverkehr zwischen Erde und Internationaler Raumstation sowie als «Rettungsboot» für die ISS konzipiert.
Der «Clipper», mit dessen unverhoffter Ankündigung Moskau dieser Tage die Fachwelt überrascht hat, ist ein prinzipiell neues Schiff. Es bietet zwei Piloten und vier Wissenschaftskosmonauten Platz. Das bedeutet eine Verdopplung der Transportkapazität gegenüber den engen «Sojus»-Kapseln. Russland trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die ISS nach ihrer Fertigstellung einmal eine sechsköpfige Stammbesatzung haben wird.
Besondere Bedeutung erlangt das «Clipper»-Projekt zudem vor dem Hintergrund, dass die Amerikaner für das Jahr 2010 die Einstellung der Shuttle-Flüge angekündigt haben. Ein neues, kleineres und erheblich billigeres US-Raumschiff als Ersatz für die Raumfähren ist zwar geplant, steht aber sicher vor Ende des Jahrzehnts nicht zur Verfügung.
Die Gesamtstartmasse des 10 Meter langen «Clippers» beträgt 14,5 Tonnen, das Landegewicht wird mit 9,5 bis 10 Tonnen angegeben. Die Besatzung kann bis zu 700 Kilometer «Gepäck» mitnehmen. Die Russen wollen das Raumschiff zudem im nationalen Rahmen für Flüge mit wissenschaftlicher Zielstellung sowie auch für touristische Zwecke einsetzen. Es soll dabei bis zu zwei Wochen autonom operieren können. Damit hält man sich eine Tür für den Fall offen, dass das ISS-Projekt scheitern sollte.
Eigens für «Clipper» wird ein neuer schwerer Träger mit der Bezeichnung «Onega» entwickelt. Dabei handelt es sich um eine von Grund auf modernisierte Version der bewährten «Sojus»-Rakete. An der Konfiguration Rakete-Raumschiff soll sich nichts ändern. «Clipper» wird wie seine Vorgänger auf die Spitze des Trägers montiert und nicht etwa huckepack ins All transportiert.
Die «Onega»-Träger können von den bereits bestehenden «Sojus»-Startrampen aufgelassen werden. Dafür sind nur geringfügige Umbauten erforderlich. Hauptstartplatz bleibt das Kosmodom Baikonur in Kasachstan, wo bisher alle bemannten Flüge der Russen ihren Anfang nahmen. Daneben kommt auch das nordrussische Kosmodrom Plessezk in Frage. Allerdings sind von hier wegen der ungünstigen geografischen Lage noch nie Menschen aufgestiegen. Auch der europäische Weltraumbahnhof Kourou wäre möglich. Doch das ist noch Zukunftsmusik.