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Kriminalfall Prozess um Babyleiche im Müll - Mutter vor Gericht

In einer Entsorgungsfirma wird ein totes Baby im Biomüll gefunden. Acht Monate später beginnt der Prozess gegen die 24-jährige Mutter. Sie äußert sich in einer Erklärung.

Von dpa Aktualisiert: 08.10.2025, 16:45
Eine heute 24-jährige Frau soll ihr Baby, ein Mädchen, Anfang Februar dieses Jahres in Freital lebend zur Welt gebraucht und getötet haben.
Eine heute 24-jährige Frau soll ihr Baby, ein Mädchen, Anfang Februar dieses Jahres in Freital lebend zur Welt gebraucht und getötet haben. Robert Michael/dpa

Dresden - Acht Monate nach dem Fund eines toten Neugeborenen im Müll hat der Prozess gegen die Mutter begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 24-Jährigen vor, das Mädchen Anfang Februar in ihrer Wohnung in Freital lebend zur Welt gebracht und dann getötet zu haben. Es sei wahrscheinlich, dass sie das Neugeborene entweder lebend in eine Tüte gelegt oder erstickt habe. Sie soll die Leiche des Kindes anschließend in eine Biomülltonne gelegt haben.

Anwalt verlas Erklärung der 24-Jährigen

Die junge Frau ist wegen Totschlags angeklagt. Damit droht ihr eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren bis lebenslänglich. In einer Erklärung, die der Anwalt der 24-Jährigen beim Prozessauftakt am Landgericht Dresden verlas, gab die Mutter an, das Baby tot geboren zu haben. Sie habe das Kind auf der Toilette in ihrer Freitaler Wohnung zur Welt gebracht. „Ich dachte, es war tot“, hieß es in der Erklärung weiter. Als das Neugeborene keine Lebenszeichen von sich gegeben habe, habe sie es in eine Decke eingewickelt und in eine Tüte gelegt. 

Die beiden weiteren Töchter der Deutschen hätten sich zu dem Zeitpunkt nebenan im Wohnzimmer befunden. Zwei Stunden später kam den Angaben nach der Partner der Frau nach Hause, der nichts bemerkte. Erst später erzählte ihm die 24-Jährige demnach von der Geburt. 

Babyleiche in Biomülltonne gelegt

Ein Mitarbeiter eines Abfallunternehmens fand die Leiche des Kindes am 7. Februar bei der Verarbeitung der Abfälle auf dem Firmengelände in Freital. „Ich habe das von Weitem schon gesehen“, sagte der Maschinenführer als Zeuge in der Verhandlung. Der Mann beschrieb den Vorfall nach seiner Aussage als tragisch und war sichtlich aufgewühlt. „Ich bin gerade erst Opa geworden und dann findet man so etwas.“

Kollege lieferte Hinweis an Polizei

Die Angeklagte wurde am 12. Februar festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Vorbestraft ist sie nicht. Sie geriet auch wegen eines Zeugenhinweises ins Visier der Fahnder. Nach Berichten über den Fund der Babyleiche hatte ein Kollege der Polizei laut Angaben einer Sachverständigen berichtet, dass sie plötzlich keinen großen Bauch mehr gehabt habe.

In der verlesenen Erklärung berichtete die Frau von einer schweren Kindheit mit einem sexuellen Übergriff. Zu Ihrer Mutter, die ihre sieben Töchter und Söhne sehr streng erzogen und immer wieder geschlagen habe, hatte sie ein schlechtes Verhältnis. Mit 16 Jahren sei sie von zu Hause abgehauen und habe sich mit Unterstützung der Mutter ihres damaligen Freundes vom Jugendamt in ein Heim einweisen lassen. 

Partner soll nichts von Schwangerschaft gewusst haben

Zum Vater ihres ersten Kindes, das sie 2019 zur Welt brachte, hat die Frau demnach keinen Kontakt mehr. Mit ihrem späteren Partner bekam sie 2023 eine weitere Tochter. Nach der Geburt sei es oft zu Streit gekommen. Den Beschreibungen nach fühlte sich die junge Frau von der Betreuung der beiden Kinder, dem Haushalt und ihrer Arbeit als Briefzustellern immer wieder überfordert. 

Als sie im August 2024 ihre dritte Schwangerschaft bemerkte, erzählte sie zunächst niemandem davon. Sie habe kein drittes Kind gewollt und versucht, nicht daran zu denken. Ihr Partner habe erst Monate später von der Geburt erfahren. 

Bis zum 17. Oktober sind in dem Prozess insgesamt fünf Verhandlungstermine angesetzt.

Kindstötungen in Deutschland selten

Kindstötungen - also Fälle, in denen Eltern ihre Kinder töten - sind in Deutschland selten. In Sachsen verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik für 2024 keine Mord- oder Totschlagsopfer unter 14 Jahren. 

Laut einer Datenauswertung des Forschungsverbundes Deutsches Jugendinstitut/TU Dortmund ging die Zahl der Kindstötungen in den vergangenen drei Jahrzehnten um fast zwei Drittel zurück. Demnach lag die Zahl der getöteten unter 15-Jährigen 2022 bundesweit bei 25 (im Vergleich zu 74 im Jahr 1996). Am häufigsten waren Säuglinge mit elf Tötungen betroffen, Experten gehen hier auch von einer höheren Dunkelziffer aus.