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Prozess Prozess: Hohe Strafen für Doppelmord in Freiberg

04.07.2001, 21:11

Chemnitz/dpa. - Die Männer, die in einem Heim wohnten, hatten im Oktober 2000 die56 Jahre alte Frau an einem Pavillon im Freiberger Albertpark -einem stadtbekannten Obdachlosentreff - kennengelernt. Diese nahmsie mit in ihre Wohnung, als die angetrunkenen streitsüchtigenJugendlichen die Obdachlosen beschimpften. Als dort die Frau mit demJüngeren Zärtlichkeiten austauschen wollte, schlug dieser plötzlichauf die Frau ein und versuchte, sie mit einem Kissen zu ersticken.«Ich hatte plötzlich Ekelgefühle», sagte der jetzt 18-Jährige vorGericht. Auch dass er seinen Kumpel in die Küche nach einem Messerschickte, begründete er mit seiner Abscheu gegen die Frau.

Was dann folgte, lasse sich nur schwer in Worte fassen, sagte derVorsitzende Richter Joachim Hermann in seiner Urteilsbegründung.Anschließend beseitigten die jungen Männer die Spuren und gingenzurück zum Park. Als sie dort zwei Obdachlose schlafen sahen, tratenund prügelten sie auf sie ein und schlugen mit herumstehendenSchnapsflachen zu. Ein 63-jähriger Mann starb später im Krankenhaus,ein 44-Jähriger überlebte seine schweren Verletzungen.

Das Argument der Angeklagten, sie hätten die Obdachlosen nureinschüchtern wollen, wollte das Gericht nicht gelten lassen. DieBeiden hätten erst mit ihrer Gewaltorgie aufgehört, als sieGeräusche von Spaziergängern vernahmen.

Die Frage nach dem Warum der schrecklichen Tat bleibe indes invielen Punkten offen, sagte Richter Hermann. Es sei bekannt, dassder vorbestrafte jüngere Täter unter Alkohol zu Gewalt neige.Vielleicht spielte jedoch auch eine Rolle, dass der Verurteilte inseiner Jugend selbst vom Vater geschlagen wurde. Er soll darüberhinaus für Kinderpornos missbraucht worden sein. Sein 19-jährigerFreund galt hingegen laut seinem Verteidiger als «Musterschüler» undhatte sich bislang nichts zu Schulden kommen lassen.

Die Kammer hatte die Höchstjugendstrafe von zehn Jahren auchdeshalb nicht verhängt, weil beide ihre Reue glaubhaft machenkonnten. Der Jüngere hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt, derÄltere eine persönliche Erklärung zu seiner Tat vorgelesen. Darüberhinaus war der heute 18-Jährige in der Untersuchungshaft mit derTochter des Opfers zusammengetroffen. «Es ist wichtig für mich zuwissen, dass er die Tat bereut», sagte die junge Frau nach demUrteil. «Der Mann musste verurteilt werden, aber ich hasse ihnnicht. Er soll irgendwann mal wieder ein normales Leben führenkönnen.»