Prozess Prozess: Friedman «Zigeunerjuden» genannt

Kempten/dpa. - Der Verteidiger forderte dagegen Freispruch. Das Wort«Zigeunerjude» sei zwar überspitzte und abwertende Polemik. DieBeweisaufnahme habe aber nicht ergeben, dass damit eine Terminologieaus der Nazizeit aufleben sollte, sagte er.
Der ehemalige Oberallgäuer Republikaner-Kreisvorsitzende HermannJosef Reichertz war im März 2001 vom Amtsgericht Kempten zu einerGeldstrafe in Höhe von 6000 Mark (3068 Euro) verurteilt worden. Einbundesweit heftig kritisierter Freispruch des Landgerichts Kempten inzweiter Instanz wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht indiesem Februar aufgehoben und die Sache nach Kempten zurückverwiesen.
Staatsanwalt Erlbeck warf dem Angeklagten vor, seinen Angriffgezielt auf Friedman gerichtet zu haben. Auch wenn diePresseerklärung im November 2000 von keinem Medium veröffentlichtworden sei, habe Reichertz Friedman den Lesern gegenüber alsminderwertig darstellen wollen, sagte Erlbeck. Außerdem habe erunterschwellig im Prozess versucht, das Opfer Friedman zum Täter zustilisieren.
Reichertz hatte Friedman vorgeworfen, vor der Presseerklärungselber die Republikaner beleidigt zu haben. Auslöser seien Aufrufevon ihm gewesen, einen Parteitag der Republikaner bei Stuttgart imNovember 2000 mit aller Gewalt zu verhindern. «Ich wollte ihn nichtbeleidigen», sagte Reichertz vor Gericht. Mit «Zigeunerjude» habe erlediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass Friedman ein«Herumreisender in Deutschland in Sachen Hetze gegen Rechts» sei.Außerdem sei er danach selber von Friedman beleidigt worden, der ihn«Nazi» tituliert habe. Sein Anwalt sagte: «Das ist keinRechtsprozess, das ist ein politischer Prozess.»
Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte in seiner Entscheidung(Az.: 1 St RR 173/01) gerügt, dass die Vorinstanz den objektiven Sinndes Wortes «Zigeunerjude» nicht eindeutig ausgelegt habe. Das Gerichthätte prüfen müssen, ob sich einem objektiven Leser derPresseerklärung der Eindruck aufdrängen musste, dass Friedman als«sozial oder rassisch minderwertig gekennzeichnet werden sollte». DasLandgericht Kempten hatte die Bezeichnung dagegen noch nicht alsAngriff gegen die Menschenwürde gewertet.