Prozess Prozess: Anwalt gesteht Kunstdiebstahl in Mannheim
Mannheim/dpa. - Der «Kunstliebhaber» habe das Werk«Friedenszeit» des Biedermeier-Malers Carl Spitzweg (1808-1885)während der «Langen Nacht der Museen» im März 2006 aus der MannheimerKunsthalle entwendet, sagte sein Verteidiger am Donnerstag zumAuftakt des Prozesses vor dem Landgericht. «Er hat seit Kindertagenein geradezu emotionales Verhältnis zu Spitzweg-Gemälden.» Der 41-Jährige hat inzwischen seine Zulassung als Anwalt zurückgegeben undsitzt in Untersuchungshaft.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Juristen zudem Körperverletzungsowie sexuelle Misshandlung seiner Ehefrau in den Jahren 2004 bis2006 vor. Bei den Ermittlungen rund um den Kunstdiebstahl hatte sichdie 29-Jährige der Polizei anvertraut.
Der Mann war festgenommen worden, als er das Bild einem verdecktenErmittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg für eine MillionEuro zum Kauf anbot. Der Beamte war als Hehler aufgetreten, der auch«heiße Ware» verkaufen könne.
Der Angeklagte habe das nur 25 mal 49 Zentimeter große Gemälde imMärz 2006 in der Mannheimer Kunsthalle aus dem Rahmen gelöst undunter seinem Mantel versteckt, heißt es in der Erklärung desVerteidigers. Das Werk im Wert von 500 000 Euro habe in einem für dieÖffentlichkeit gesperrten, aber nicht verriegelten Raum gestanden.«Die Alarmanlage reagierte nicht, es gab kein Wachpersonal. MeinMandant war überrascht, dass alles so einfach gegangen war.» Nach demDiebstahl hatte die Kunsthalle Sicherheitsmängel eingeräumt.
In dem abgedunkelten Trakt habe der Rechtsanwalt «sozusagen eineprivate Führung» für seine Frau machen und ihr einige seinerLieblingsgemälde zeigen wollen, berichtete der Verteidiger. DenSpitzweg habe er sich und seiner Ehefrau zum «Geschenk» machenwollen. Das Bild habe das Paar in derselben Nacht in einemSchließfach am Heidelberger Bahnhof versteckt und später in einemKoffer bei Bekannten deponiert.
Der Angeklagte, der seine Doktorarbeit ausgerechnet zum ThemaKunsthandel schrieb, wies die Vorwürfe zurück, er habe seine Ehefrauvergewaltigt und misshandelt. Die Frau habe möglicherweise mancheVorfälle erst im Nachhinein als gewalttätig umgedeutet, ließ derAngeklagte seinen Verteidiger verlesen. «Er entpuppte sich nicht alsder Prinz und der Ritter, als den sie ihn sehen wollte. Aus Liebe undStolz wurden übersteigerte Eifersucht und Enttäuschung.» Sie habe ihmimmer wieder Beziehungen zu anderen Frauen unterstellt. Nachiranischem Recht - ihre Familie kommt dorther - habe sie sich nichtscheiden lassen können. Das Paar hat eine zwei Jahre alte Tochter.
Die Verhandlung sollte am Nachmittag mit der Vernehmung vonKunstexperten fortgesetzt werden. Für den Prozess sind acht weitereVerhandlungstage bis Mitte Juni angesetzt.