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Promi-Geburtstag vom 8. Juni 2018: Jürgen von der Lippe

07.06.2018, 22:01
Schlechte Witze gut erzählen - Jürgen von der Lippe wird 70. Foto: Andreas Lander
Schlechte Witze gut erzählen - Jürgen von der Lippe wird 70. Foto: Andreas Lander dpa-Zentralbild

Köln - Jürgen von der Lippe wird heute 70 Jahre alt. Seine Fans werden ihn feiern, seine Gegner könnten aufschreien. Von der Lippe spaltet. Die einen halten ihn für einen begnadeten Alleinunterhalter, die anderen für einen Zotenreißer. Beide haben recht.

Von der Lippe erzählt tatsächlich oft schlechte Witze. Zum Beispiel echauffierte er sich vor vier Jahren in einem „Spiegel”-Gespräch über „Gender-Scheiße”, um dann folgenden Kalauer anzuschließen: „Wenn ich 'Mit-Glieder' sage, müsste ich politisch korrekt doch auch 'Mit-Mösen' sagen.”

Es ließen sich etliche weitere Beispiele anführen. Doch jetzt das große Aber: Von der Lippe greift zwar häufig auf sehr schlechte Witze zurück, aber er kann sie phänomenal gut erzählen. Wer das nicht glaubt, sollte sich bei YouTube mal ein vergangenes Jahr geführtes Gespräch zwischen ihm und Gregor Gysi ansehen.

Von der Lippe hält darin ein Plädoyer für den Herrenwitz und kommt in diesem Zusammenhang auch auf seine katholische Kindheit in Aachen zu sprechen. Samstags musste der kleine Hans-Jürgen Dohrenkamp - so sein richtiger Name - immer zur Beichte. Dabei erforschte jedes Kind sein Gewissen mithilfe eines sogenannten Beichtspiegels. Der sechste Punkt dieses Leitfadens war die Kategorie „Unschamhaftigkeit” - da habe er immer passen müssen, erzählt er.

Eines Samstags nun - er selbst kniete noch „in der Warteschleife” - sei der Klassenflegel aus dem Beichtstuhl gekommen, habe ihn im Vorbeigehen angestoßen und gefragt: „Hasse auch wat bei sechstens?” - „Nee, du?” - „Ja sicher!” Da sei er so neidisch gewesen, dass er im Beichtstuhl gesagt habe: „Sechstens, Unschamhaftigkeit: Ich war unschamhaftig.” Nun habe der Pastor ihm allerdings eine Frage gestellt, mit der er nicht gerechnet habe: „Allein oder mit anderen?” Wie es dann weiterging - bitte, das muss man sich selbst anhören, jedenfalls schließt der einstige Beichtling mit den Worten: „Seitdem weiß ich, was das Thema Nummer 1 ist.”

Von der Lippe hat sich immer als Bühnenkomiker verstanden, alles andere - Fernsehshows, Bücher, Alben - sei nur Nebensache gewesen. Auch hat er sich stets dazu bekannt, regelrecht süchtig danach zu sein, Leute zum Lachen zu bringen. Dafür ist ihm jede Pointe recht. Zu seinen Auszeichnungen gehören zwei Grimme-Preise, aber auch die Saure Gurke für Frauenfeindlichkeit.

Die an Quoten gemessen erfolgreichste Fernsehsendung mit ihm als Moderator war in den 90er Jahren die Samstagabendshow „Geld oder Liebe”. Er selbst hing jedoch besonders an „Was liest du?”, einer WDR-Sendung, in der er von 2003 bis 2010 gemeinsam mit je einem prominenten Gast ein paar Bücher vorstellte. In den besten Folgen kam er mit dem Gast vom Hölzchen aufs Stöckchen, am Ende war relativ wenig über die Bücher gesprochen worden, aber es war doch ein sehr vergnüglicher Abend gewesen.

In der Ausgabe mit Harald Schmidt gibt es zum Beispiel eine Passage, in der dieser einen Kernspintomographen imitiert und etwas später - „Darf ich das kurz erzählen?” - eine Frau, die ihn im Supermarkt anspricht, um die Telefonnummer von Jörg Pilawa in Erfahrung zu bringen.

Mit seinen Hawaiihemden und seinem Kinnbart ist von der Lippe heute schon optisch eine Verkörperung des letzten Jahrhunderts. Das #MeToo-Zeitalter ist ganz sicher nicht mehr seine Epoche. Aber eines wird man dem Show-Dino kaum absprechen können: Er ist weiterhin unübertroffen gut im Schlechte-Witze-Erzählen. (dpa)